24.9.2023

Glossar: Kombinationstöne (aka Untertöne)

Wenn zwei Töne gleichzeitig erklingen, entsteht ein dritter Ton – eine Kombination aus den „Pattern” der beiden Töne –, der sich aus den Frequenzen der beiden Töne bildet[1]. Wenn z.B. der erste Ton in 120Hz (120 mal pro Sekunde) schwingt, der zweite in 180Hz (180 mal/Sekunde), „treffen” sich die Amplituden im gemeinsamen Vielfachen bei 60Hz (60 mal/Sekunde). Diese „Peaks” bilden eine Frequenz, in diesem Fall einen Ton im hörbaren Bereich: eine Kombination der beiden Ausgangstöne, einen „Kombinationston”, oder (wobei ich den Begriff eher unpassend finde) „Unterton”.

Die Frequenzen im Beispiel sind eine (reine, d.h. nicht-temperierte) Quinte im Frequenzverhältnis 2:3. Der Kombinationston liegt eine Oktave unter dem Grundton.

Das, was hier im Bereich von „Sound” passiert, ist exakt dasselbe, was man in der Rhythmik ständig erlebt. Eine Überlagerung von einem Pattern im 2/4 trifft sich in der Polyrhythmik mit einem in 3/4 alle 6/4. Wenn der gemeinsame Puls der Pattern hinreichend übereinstimmt, etablieren die beiden Pattern ein drittes. – Dasselbe passiert, wenn zwei Töne aufeinander treffen, die in ihrer Klangfarbe[2] „genug” gemeinsam haben: ein dritter Ton wird hörbar.

Die Formel[3,4] zur Berechnung der Frequenz eines Kombinationstons (ffreq) zu der Frequenz eines Basistons (fgt) in Relation zu dem Verhältnis der Frequenz der Basis (vgt) zu der des höheren Tons (vi) ist simpel:

ffreq = fgt * (vi / (vi * vgt))

Gewöhnlich sind Kombinationstöne so leise und/oder so tief, so daß sie nicht wahrgenommen werden. Dabei können Kombinationstöne auch außerhalb des Hörbereichs menschlicher Ohren zu einem Problem werden, z.B. in der Audiotechnik, dort z.B. bei der Wandlung von analogen in digitale Signale.

Es gibt Situationen, wo Kombinationstöne hörbar werden, was man sich zu nutze machen kann, oder wo das stört:

  • Streichinstrumente (Ausnahme: Kontrabaß) werden gestimmt, indem man zwei benachbarte Saiten erklingen läßt. Die „Reinheit” der gestimmten Quinte ergibt sich daraus, daß deren Kombinationston – die Oktave unter der tieferen Saite – „richtig” ist.
  • „Powerchords” (Quinten, ohne die Terz) auf einer (stark) verzerrten Gitarre verdanken ihre „Power” dem Kombinationston der Quinte. Ein (Röhren-)Verstärker, der (deutlich) über die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit getrieben wird, verzerrt, weil er das Eingangssignal nicht mehr vollständig umsetzen kann: es wird komprimiert. Dadurch wird der Kombinationston im Powerchord deutlich wahrnehmbar: die gespielten Töne werden massiv komprimiert (leiser gemacht), der Kombinationston im Verhältnis aber weniger, und dadurch umso mehr in der Vordergrund gerückt.
  • Wenn man auf derselben Gitarre eine (große oder kleine) Terz spielt, macht sich der Kombinationston hingegen überaus unangenehm bemerkbar. Gitarren sind, wenn sie präzise gebaut und eingestellt sind, wohl-temperiert: die Terzen sind nicht „rein”, und das betrifft dort auch den Kombinationston, der völlig verstimmt und in wahrnehmbarer Lautstärke die Terz in eine unerträgliche Kakophonie verwandelt[5].
    1. [1] Ich kenne das Phänomen, solange ich Geige spiele, hatte bisher aber keine Erklärung dafür. Die Lösung des Rätsels kommt von Gregory Bateson, Mind and Nature, Hampton Press 2002, Pg.74f.
    2. [2] Bei phasengenauen Sinuswellen lassen sich Kombinationstöne leicht herleiten (es sollte möglich sein, auch deren Lautstärke mathematisch zu beschreiben). Bei Tönen von akustischen Instrumenten – die ja selber schon Klänge sind, wenn man das Obertonspektrum einbezieht – sieht dies deutlich komplexer aus.
    3. [3] Ich habe dafür keine Herleitung im 'net finden können; sie ist aber einfach genug.
    4. [4] Kombinationston in einer Quinte (Frequenzverhältnis: 2:3, wie im Beispiel am Anfang):
      ➔ eine Oktaven unter dem Grundton.
      Kombinationston in einer (reinen) großen Terz (Frequenzverhältnis: 4:5):
      ➔ zwei Oktaven unter dem Grundton.
      Kombinationston in einer (reinen) kleinen Terz (Frequenzverhältnis: 5:6):
      ➔ zwei Oktaven + Quinte unter dem Grundton.
    5. [5] Man kann auf einer Gitarre im High-Gain Terzen spielen, indem man eine der Saiten so zieht, daß die temperierte zu einer nicht-temperierten Terz wird. Wie man das macht, bleibt mein Betriebsgeheimnis...
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