Userinterfaces (6)
Jede technische Innovation geht erst dann in die Breite, wenn sie nicht nur problemlos funktioniert, sondern auch einfach zu bedienen ist. Das ist bei Autos nicht anders als im Bereich von Computersoftware. Noch in den 60ern mußte man sich richtig mit seinem Fahrzeug auskennen, um nicht unvermittelt mit ihm liegen zu bleiben; auf das Internet Anfang/Mitte der 90er hatten nur Spezialisten Zugriff; etc.
Man sollte aber einen zweiten Punkt nicht übersehen. Wenn ich ein Familienauto verkaufen will, muß es einfach zu bedienen sein. Wenn ich jedoch einen Rennwagen baue, ist einfache Bedienbarkeit nur eine Anforderung. In erster Linie muß dieses Auto dem Fahrer alle Option geben, das Limit aus ihm herauszuholen. Das geht nicht ohne ein gewisses Maß an Komplexität im Userinterface – man muß sich nur einmal das Lenkrad eines Formel-1-Autos ansehen, um dafür ein Gefühl zu bekommen. Auch hier geht es natürlich nicht ohne erheblichen Aufwand beim Design der Bedienelemente – schließlich muß der Fahrer auf die Strecke schauen, und nicht auf die Knöpfe am Lenkrad. Es geht hier also nicht in erster Linie um Einfachheit, sondern Ergonomie bei der Bedienung, wobei man in Kauf nimmt, daß es eines gewissen Trainings bedarf, diese Bedienung zu erlernen. – Aber das ist jetzt genug mit Autometaphern.
Was ich sagen will: wenn man neue Sachen in der Software-Entwicklung ausprobiert, hat man nicht automatisch die richtigen Abstraktionen zur Hand, die dem User (und auch dem Programmierer) das Handwerk einfach machen. Wenn man dann noch die Kosten in der Entwicklung berücksichtigen muß (und nicht etwa mit einem Release Jahre warten will, weil man noch zahllose Iterationen bräuchte, um ein Feature „richtig” zu bekommen), hat man öfters nur zwei Möglichkeiten: man nimmt eine gewisse Komplexität hin, weil man dem User bestimmte Möglichkeiten nicht nehmen will; oder man streicht gewisse Optionen (indem man z.B. eine Auswahl durch einen Defaultwert ersetzt). Ich bin dann (nur dann, unter den oben genannten Restriktionen) eher geneigt, ein Menu mehr anzubieten, als es für ein sauberes Interface „richtig” wäre.
Ich bin überzeugt, die Mehrheit der User teilt meinen Standpunkt.