Grundzüge der Volkswirtschaftslehre
Eigentlich war ich davon ausgegangen, daß es Sinn macht, Grundlagen der Mainstream-Volkswirtschaft zu lernen – und zwar aus der Perspektive, die Argumente jener zu verstehen, die meinen eigenen Einschätzungen diametral entgegen laufen.
Ich bin gelegentlich in der Lage, Meinungen anzuhören, die nicht meine eigenen sind, und kann mich zumindest solange für sie interessieren, bis ich sie verstanden habe. Ich habe also die Volkswirtschaftslehre von Mankiw & Taylor gekauft – ein Werk, das ein verbreiteter Standard für die Einführung im Studiengang Volkswirtschaft zu sein scheint – und hatte mir vorgenommen, mich dort hartnäckig durchzubeißen, bevor ich Kritik formuliere.
Ich bin bei dem Vorhaben nach der Lektüre von knapp zwanzig Seiten gescheitert.
Die Volkswirtschaftslehre verbindet die Stärken von Politik- und Naturwissenschaft. Sie ist im Wortsinne eine Sozialwissenschaft. Ihr Hauptgegenstand ist die Gesellschaft – wie Menschen über ihre Lebensführung entscheiden und wie sie zusammenwirken. Gleichwohl geht sie leidenschaftslos wie eine Naturwissenschaft zu Werke. Durch die Anwendung naturwissenschaftlicher Methoden auf politische Fragen sucht die Volkswirtschaftslehre bei den grundlegenden Herausforderungen voranzukommen, denen alle Gesellschaften gegenüberstehen.
Leidenschaftslos ist hier das Stichwort – als wenn Naturwissenschaftler je leidenschaftslos wären, und als wenn deren emotionaler Zustand irgendein Kriterium für die Qualität ihrer Forschung wäre. Schon an dieser Stelle (wo der Wert des wissenschaftlichen Ansatzes sich anscheinend daran bemisst, wieweit man es ablehnt, Subjekt im Erkenntnisprozeß zu sein) hätte ich die Lektüre besser abgebrochen.
Ökonomen gehen in der Regel davon aus, dass sich die Menschen rational verhalten. Rationale Menschen setzen unter den gegebenen Möglichkeiten systematische und zielstrebig alle Fähigkeiten und Fertigkeiten ein, um ihre Ziele zu erreichen.
Tatsächlich taucht in der Philosophiegeschichte immer wieder die Idee auf, daß man den Menschen als rational handelndes Wesen denken muß. Dabei ist man dort aber immer mit dem Versuch einer Erklärung zugange, warum er sich in der Historie in zahllosen Situationen eben nicht rational verhalten hat. Letztlich scheitert man dabei wieder und wieder – es bleibt bei einem Appell, es beim nächsten Versuch besser zu machen. – Als Ausgangspunkt für eine „wissenschaftliche“ Theorie der sozialen Verhältnisse ist das bestenfalls untauglich, wohl eher unbeholfen-lächerlich.
In seinem 1776 erschienenen Buch „The Wealth of Nations“ machte Adam Smith die berühmte und höchst bedeutsame Aussage: Haushalte und Unternehmen wirken auf Märkten zusammen, als ob sie von einer „unsichtbaren Hand“ geführt würden. Eines unserer Ziele mit dem vorliegenden Buch besteht darin, verständlich zu machen, wie die unsichtbare Hand ihren Zauber entfaltet.
...und spätestens hier verlasse ich dann die Veranstaltung. Es wird sehr mühsam, im Detail nachzuweisen, was hier alles prinzipiell falsch läuft:
Mankiw nennt drei Gründe, warum die „unsichtbare Hand“ manchmal versagt: Marktversagen entstehe durch „sogenannte Externalitäten“:
Eine Externalität ist die Wirkung der Handlungen einer Person auf die Wohlfahrt eines unbeteiligten Dritten. Das klassische Beispiel ist die Luftverschmutzung.
Eine zweite Ursache von Marktversagen liege in der Entstehung von „Marktmacht“, Monopolen.
Drittens:
Noch weniger befähigt ist die unsichtbare Hand dazu, den ökonomischen Wohlstand gerecht zu verteilen.[...] Die unsichtbare Hand garantiert nicht, dass jedermann genug zu essen, Kleidung und die notwendige ärztliche Betreuung hat.
Das benennt zumindest explizit, warum die Wirtschaftswissenschaften derzeit komplett versagen: wie man es hinbekommt, daß „jedermann” genug zu essen hat, interessiert hier niemand.
(Alle Zitate: Mankiw/Taylor. Grundzüge der Volkswirtschaftslehre. Stuttgart 2008.)