Most (5 - Nach dem Crash)
Als ich im Kiesbett auf dem Rücken lag, bekam ich erstmal für einige Sekunden keine Luft mehr. Ich hatte die Handschuhe ausgezogen und den Helm vom Kopf, als schon der Sanitäter neben mir stand. Nach einer ersten Abfrage meines Zustands (kann ich sehen? wo habe ich Schmerzen?) fuhr man mich von der Strecke in meine Box, wo bereits mein zerschreddertes Motorrad auf mich wartete. In dieser Phase hatte ich wohl einen reichlichen Überschuß an Adrenalin im Blut - die gebrochene Rippe und die geprellte Hand waren mir überhaupt nicht bewußt oder gar schmerzhaft. Ich war einfach bloß frustriert und wütend, und pfefferte den Helm quer durch die Box.
Claudia (Chef-Organisator des Veranstalters des Trainings) begleitete mich dann kurz darauf zum Streckenarzt, der mich eher oberflächlich unter die Lupe nahm, aber eindringlich darauf hinwies, daß ich auf zunehmende Kopfschmerzen achten solle. Wenn dies geschieht, oder mir gar übel wird, solle ich mich umgehend wieder bei ihm melden.
Danach schalteten sich die Schutzmechanismen ab, die unmittelbar nach einem Unfall dafür sorgen, daß man handlungsfähig bleibt - ich fing an, heftig zu schwitzen, mein Kreislauf rutschte zusammen, und ich mußte mich dringend hinlegen. Claudia kümmerte sich darum, daß ich im Schatten liegen und ausruhen konnte, und schaute immer wieder vorbei, um mich z.B. mit Wasser zu versorgen. Sie nahm Anteil, und war - obwohl sie an anderen Stellen mehr als genug zu tun hatte - ständig präsent.
Irgendwann kam die Frage, ob ich mit einer Blutprobe und einem Test auf Alkohol einverstanden sei - P. hatte den Verdacht geäußert, daß bei dem Unfall möglicherweise Restalkohol von der „Party” am Abend zuvor im Spiel gewesen sei. Nachdem es nicht möglich war, eine Blutentnahme direkt an der Strecke vorzunehmen (und mittlerweile ohnehin schon einige Stunden verstrichen waren), bat Claudia mich, doch mit P. zu reden, um die Sache einverständlich zu regeln. Das habe ich dann auch getan - und P. ist ja kein selbstgerechter Dickkopf, ganz im Gegenteil: er war von der Geschichte genauso geschockt wie ich, und suchte nach einer Erklärung.
Im Verlauf dieses Gesprächs wurde mir dann zunehmend schummrig. Mein Kreislauf sackte langsam wieder ab, und ich wollte dringend aus der Sonne. In der Box, in der auch die Verpflegung aufgebaut war, rutschte ich schließlich endgültig zusammen. Ich konnte nur noch darum bitten, doch ganz schnell Claudia zu holen - danach lag ich auf dem Boden, mir wurde schlecht, und ich mußte mich übergeben. Das Szenario, vor dem der Streckenarzt gewarnt hatte, war eingetreten, und man schaffte mich umgehend ins Krankenhaus.