Nichts
Hans Hütt zitiert Dirk Kurbjuweit in dessen Erregung über die politische Rhetorik der Kanzlerin:
Es ist hohe Zeit für Reden an die Bevölkerung, es ist die Zeit für große Reden, jedenfalls klärende. Merkel verweigert das. (…) Es muss geredet werden. Das Reden gehört nicht nur zur Demokratie, es ist das Wesen der Demokratie. Ohne Worte wird sie zum Skelett. Reden Sie, Kanzlerin, reden Sie endlich!
Seine Verzweiflung über all die Ratlosigkeit faßt er so zusammen:
So sehr ich Dirk Kurbjuweits Rage teile, so verzweifelt ist meine Antwort auf diese Fragen. Nichts. Das Nichts aber ist kein Gegenstand für große Reden. Die Hoffnung auf große Reden über das Nichts gebiert bloß eine Implosion. Die Nüchternheit der Kanzlerin ernüchtert. Das ist alles.
Ich habe das kommentiert:
So sehr ich das unterschreiben kann: der Vorwurf fällt nicht zuletzt auf Dich zurück. Auch die Kommentatoren [in Deinem Blog] sind gut damit beschäftigt, dieses „Nichts“ zu beschwören […]. Die Haltung jener, die sich um Politik nicht die Bohne kümmern, erscheint mir mehr und mehr plausibel. Es ist Zeit, ein Motorrad zu kaufen, oder ein Gedicht zu schreiben.
Mein Gedicht steht noch aus (vielleicht habe ich es sogar schon geschrieben).
Immerhin habe ich heute ein Motorrad gekauft (ein Bericht folgt).
[Nachtrag:] Ich mußte doch etwas klarstellen:
Um meinen Kommentar weiter oben etwas klarer zu fassen: Gedichte bloß zu zitieren, und das als Beleg für einen Angriff auf die Analysen zu werten, ist weit weg von dem, was ich sagen wollte. Ich wollte dazu auffordern, ein Gedicht selber zu schreiben, oder etwas mit den Dingen zu tun, die unsere Ingenieure bauen. Das ist keineswegs ein Appell, einfach hinzunehmen, was gerade geschieht, und auch kein Aufruf, sich in eine vermeidlich private Sphäre zurückzuziehen (was immer man macht, ist ja immer politisch: es wirkt zurück auf andere, und nimmt die Dienste anderer in Anspruch).
Hans‘ „Nichts“ ist in der Sphäre, die er analysiert, genau das: nichts. Das muß man sich aber nicht bieten lassen, und zwar auch und gerade dann, wenn seine Analyse zutrifft.