Karl Amadeus Hartmann - Sinfonie Nr.1
Ingo Metzmacher
Bamberger Symphoniker
Cornelia Kallisch, Alt
EMI 1999
Karl Amadeus Hartmann (1905-1963) ist weitgehend vergessen – wobei er nie wirklich bekannt war. Der Hauptteil seines Schaffens entstand während der Naziherrschaft in der „inneren Emigration”, in seiner Geburtsstadt München. Kaum je aufgeführt – wenn, dann nur im Ausland – steht er für den künstlerischen Widerstand schlechthin: wo andere das braune Treiben von außen kommentierten, hatte er es unmittelbar vor Augen. Seine Musik ist die einzige, die ich als dezidiert politisch durchgehen lasse; selbst Eisler und Weil begnügen sich letztlich damit, politische Statements zu illustrieren. Bei Hartmann ist die Verzweiflung über die politischen Zustände Ausgang, Struktur, und Zweck der Musik selber.
Die 1.Sinfonie trägt den Untertitel „Versuch eines Requiems”, und wird über weite Strecken von Gesang zu Texten Walt Witmanns getragen. Hartmanns Musik ist im Grunde sehr einfach strukturiert. Sie bedient sich erweiterter Tonalität, die z.T. bis in engste Cluster führt, einem breiten Apparat an Schlaginstrumenten, und an Jazz erinnernder Rhythmik. Dabei verzichtet sie auf komplexe Polyphonie und ist über weite Strecken fast homophon; gelegentlich wird das ganze Orchester wie ein Percussionsinstrument verwendet. Fünf Sätze in einer knappen halben Stunde tragen Trauer, Schmerz, und ohnmächtigen Protest, in kompromißloser Schärfe.
Metzmacher ist Verfechter der Moderne, zudem bekennender Hartmann-Fan. Sein Dirigat dürfte aus den Bambergern herausgeholt haben, was möglich war – er war hier in Hamburg bis vor drei Jahren Gerneralmusikdirektor, und ich habe oft erlebt, was er mit einem eher mittelmäßigen Orchester wie den Hamburger Philharmonikern auf die Beine stellen konnte. Leider sind die Bamberger allenfalls Drittrangig; hinzu kommt ein ebenfalls mittelmäßiges Team am Mischpult. Das Resultat ist ein nur mühsam durchhörbarer Klangbrei, den ich bei größerer polyphoner Komplexität nicht ertragen könnte. So bleibt es die einzige mir bekannte Aufnahme einer Musik, die wesentlich größere Verbreitung verdient hätte.