11.11.2014

Foto, Techniknotiz: Warum Vollformat-Sensor?

Ich habe gestern mein Script zur Berechnung von Schärfentiefe aus dem Keller meines Blogs hervorgeholt. Mit Hilfe des Tools läßt sich recht gut nachvollziehen, warum eine bestimmte Art von Fotos nur mit einer Kamera mit einem Sensor im Vollformat machbar sind: solche mit einer starken Betonung von Unschärfebereichen im Vorder- bzw. Hintergrund. – Mir geht es im Folgenden nicht um ästhetische Fragen (darauf komme ich ggf. später zurück), sondern lediglich um den technischen Hintergrund.

Kurz nur eine Zusammenfassung der grundlegenden Zusammenhänge (ich gehe davon aus, daß die eh schon bekannt sind):


Sensorgröße:

  • Ein Vollformat-Sensor ist ebenso groß wie ein Dia oder Negativ im analogen Kleinbild (36x24mm).
  • Ein ASP-C-Sensor[1] mißt 22,2x14,8mm.
  • Der FourThird-Standard[2] basiert auf einer Sensorgröße von 17,3x13mm[3].

Crop-Faktor:

  • Der Crop-Faktor ist die Zahl, mit der man eine Brennweite multiplizieren bzw. dividieren muß, wenn man von Vollformat (bzw. Kleinbild) auf eine andere Sensorgröße umrechnen will.
  • ASP-C hat einen Crop-Faktor von 1,6.
  • FourThird: 2,0.

Wenn man zB. ein Objektiv von 50mm an einer ASP-C-Kamera verwendet, bekommt man einen Bildausschnitt, der dem eines 80mm (=50x1,6)-Objektiv an einer Vollformat entspricht.

Dasselbe Objektiv an einer FourThird-Kamera liefert einen Bildausschnitt entsprechend eines 100mm (=50x2)-Objektives an einer Vollformat.

Schärfebereich (auch Schärfentiefe oder Tiefenschärfe[4]):

  • Das ist der Bereich auf einem Foto, den man als „scharf“ empfindet. Vor und hinter diesem Bereich „verschwimmt“ das Bild (im sog. Bokeh)
  • Dabei gilt: je größer die Blende, und je größer die Brennweite, desto geringer der Bereich der Schärfe.
  • Mit Teleobjektiven bekommt man bei gleicher Blendenöffnung einen geringeren Schärfebereich als mit Weitwinkelobjektiven (bei gleichem Bildausschnitt).

Soweit, so bekannt.


Weniger bekannt[5] ist das Verhältnis zwischen Sensorgröße und Schärfentiefe: je kleiner der Sensor, desto größer der Schärfebereich (bei gleicher Blende und gleichem Bildausschnitt).

Zunächst leuchtet das nicht recht ein. Bei einem Objektiv mit gleicher Brennweite muß man den Bereich der Schärfentiefe mit dem Crop-Faktor verrechnen. Beispiel: 50mm bei 3m Fokus bei Blende f/4: Schärfebereich Vollformat: 86mm; FourThird: 43mm (also um den Faktor 2,0 geringer).

Anders sieht es jedoch aus, wenn man sich für den erreichten Bildausschnitt interessiert – und nur darauf kommt es in der Praxis an.

Ich versuche es mit einem Beispiel:

Wenn man an einer Vollformat für einen bestimmten Bildausschnitt ein 50mm-Objektiv benutzt, muß man bei einem FourThird-System dafür ein 25mm-Objektiv verwenden (Crop-Faktor 2,0). Das Beispiel (3m Fokus bei Blende f/4) ergibt bei Vollformat (50mm Brennweite) einen Schärfebereich von 86mm; bei FourThird (25mm Brennweite) sind das 186mm.

Die Abweichung beträgt zwei Blenden: um 186mm Schärfebereich mit der Vollformat zu bekommen, muß man um zwei Stufen abblenden (auf f/8); um 86mm auf der FourThird zu erreichen, die Blende zwei Stufen öffnen (auf f/2).

Im Grunde ist der Zusammenhang leicht nachvollziehbar: ein 25mm-Objektiv ist „kürzer“ (mehr im Weitwinkel) als ein 50mm. Im Weitwinkel hat man grundsätzlich einen größeren Schärfebereich, und zwar unabhängig von der Sensorgröße der verwendeten Kamera.

  1. [1] ZB. in Spiegelkameras für den Consumermarkt von Nikon und Canon.
  2. [2] Olympus; Panasonic.
  3. [3] Andere Formate: vergl. hier.
  4. [4] Ob man „Schärfentiefe“ oder „Tiefenschärfe“ sagen soll, ist durchaus umstritten. Der Begriff „Schärfebereich“ ist wohl halbwegs unbelastet ist (und trifft es mE. ohnehin besser).
  5. [5] Zumindest scheint mir das so, wenn ich das an den meisten mir bekannten Debatten im 'net messe; Ausnahmen bestätigen die Regel (via).
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