28.1.2014

Lügen mit Zahlen

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Demografische Entwicklung stellt ja die Zukunft dramatisch dar, weil wir zu wenig Kinder bekommen, weil wir immer älter werden und weil wir demzufolge immer mehr Rentner haben werden. Diese drei Faktoren zusammen gab es aber schon seit 1870. Ich habe mir die Daten dann mal zusammengestellt von 1900 bis 2000. Folgendes kam dabei heraus: Die Lebenserwartung stieg um etwas mehr als 30 Jahre, der Anteil der Jugendlichen hat sich etwas mehr als halbiert, sank von 44 Prozent auf 21 Prozent, der Anteil der über 65-Jährigen hat sich mehr als verdreifacht, stieg von 4,9 Prozent auf 16,7 Prozent. Da kann man aus der heutigen Sicht der Demografie ja eigentlich nur sagen: Katastrophe! Das zieht zwangsläufig einen wirtschaftlichen und sozialen Kollaps nach sich.

Wenn wir nun aber mal schauen, was in dieser Hinsicht tatsächlich passiert ist im vorigen Jahrhundert, dann wird deutlich: Der Sozialstaat wurde umfangreich auf- und ausgebaut, der Wohlstand hat massiv zugenommen - unbeschreiblich! Statt dass uns die Arbeitskräfte ausgegangen sind - wie es heute immer behauptet wird - wurde die Arbeitszeit massiv verkürzt: Lebensarbeitszeit, Wochenarbeitszeit, Jahresarbeitszeit. […] Wir sind aber nicht ausgestorben, der Sozialstaat wurde auf- und nicht abgebaut.

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[…] Was bei der Diskussion um die Demografie völlig fehlte […] ist die Berücksichtigung der Produktivitätsentwicklung. […] Auch bei der Finanzierung der Rente ist das Hauptproblem also nicht die demografische Entwicklung, sondern die Umverteilung zulasten der Arbeitnehmer.

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[…] Die vermeintliche Demografiedramatik besteht darin, dass sich das Verhältnis zwischen Erwerbsfähigen und Älteren in Zukunft zuungunsten der Erwerbsfähigen verschiebt. Aber das passiert schon heute; der Auslöser ist allerdings die Arbeitslosigkeit, und die wird kleingerechnet.

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Die Ausführungen von Gerd Bosbach (hier: in der TAZ) sind nicht wirklich neu. Seine Schilderungen sind jedoch so plastisch, daß sie echten Zündstoff auch für die Argumentation jener bieten, die prinzipiell bereits wissen, daß man aus Zahlenreihen der Vergangenheit unmöglich auf die (fernere) Zukunft schließen kann.

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