9.8.2013

Über Algorithmen (3)

(Thema)

Zum Zweiten: Im Score-Editor von Cubase folgt die Interpretation von rhythmischen Strukturen einem eher rudimentären Verfahren: es gibt einen Grundbestand an Regeln, die dann von Ausnahmen begleitet werden.

Eine grundlegende Regel ist etwa, daß eine Note, die über einen Taktstrich „hinausragt“, in zwei grafische Repräsentationen zerteilt werden muß.

Eine zweite Regel besagt, daß dies auch dann zu geschehen hat, wenn eine Note die Taktmitte überschreitet.

Eine erste Ausnahme von der Regel (die der User im Setup aktivieren kann) geht damit um, daß es Stilistiken in der Musik gibt, in denen man ein anderes Verständnis vom „Offbeat“ hat: ein Jazzmusiker etwa wird an dieser Stelle eine etwas andere Darstellung der Noten erwarten.

Gelegentlich „kippt” eine Ausnahme von der Regel: im Beispiel rechts werden Noten an jedem Offbeat zerteilt, nur weil der User hier eine Option aktiviert hat, die für diese spezielle Situation eher wenig Sinn macht (ich deute diesen Zusammenhang hier nur an).

Der Code in Cubase, der die Rhythmik von MIDI-Daten in Notenschrift übersetzt, funktioniert nur deshalb einigermaßen gut, weil er von Ausnahmeregeln geradezu verseucht ist - wobei die User aber immer noch, mehr oder weniger detailliert, bestimmen können, wo diese greifen.

Eine grundsätzliche These: Ein im Lesen von Notenschrift geübter Betrachter eines Notats weiß, wenn die Darstellung „Sinn“ ergibt (oder nicht); er kann aber nicht erklären, warum das so ist.

Eine zweite These (und die wird man wohl nur dann als Spekulation zurückweisen, wenn man auch die erste These verneint): Wenn man dieses „Wissen“ mit einem Computeralgorithmus nachstellen will, läuft man in das grundsätzliche Problem, daß ein Computer immer nur ein „wenn-dann“, nicht aber ein „nebeneinander“ kennt.

Wenn man davon ausgeht, daß beide Thesen zutreffen, kann man folgern, daß sie für eine große Zahl von Algorithmen zutreffen, die so etwas wie Verhältnisse in der „realen Welt“ modellieren versuchen. Man hat es in der Realität eben nur manchmal (These 1) mit Beziehungen zwischen „Ursache“ und „Wirkung“ zu tun. Oft sind die Beziehungen zwischen Verhältnissen aber etwas ganz anderes, nämlich, zumindest auf den ersten Blick, scheinbar zufällige „Koinzidenzen“.

Dabei verstellt schon diese Unterscheidung (zwischen „Kausalität” und „Indetermination”) den Blick auf Wege der Erkenntnis, die Menschen halt mal so eben machen. Man „sieht” etwas, und zieht, ohne darüber näher Rechenschaft ablegen zu können, Schlüsse, hinter denen man auch nach einigem Nachdenken immer noch stehen kann (die sich dann womöglich sogar als „richtig” erweisen). – Das kann man, auf ganz prinzipieller Ebene, im Computer nicht nachstellen (These 2).

Diese Erkenntnis ist letztlich nichts Neues. Man trickst dann halt weiter herum.

Zum Dritten:

(wird fortgesetzt)

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