Das Spiel des Überlebens
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Wir sind heute durch eigenes Zutun durchsichtig, berechenbar und machen uns unentwegt verdächtig. Diesen Sachverhalt ins Auge zu fassen, bedarf es einer erzählerischen Strategie und eines Erzähltons, der den Eindruck eines zwiespältigen Selbstgesprächs weckt, mit dem Zweifel, der dazu gehört, und mit einer suggestiven, manchmal auch alarmistischen Eindringlichkeit, die den Leser anfangs vielleicht auch befremdet, bis klar wird, worum es geht: um die conditio humana unter dem Zugriff einer Ökonomie, die zu einfältig und zu wissbegierig zugleich ist, die uns erst zerlegt und uns dann falsch wieder zusammensetzt, bis wir, wie als uns selber Fremde, nach dem Gesetz zu handeln scheinen, das sie als Naturgesetz missversteht: dass der Mensch vor allem eigensüchtig sei. Freiheit schrumpft unter dem Diktat dieses Gesetzes auf Funktion, Anthropologie auf die Berechenbarkeit von Präferenzen, auf die Vorhersagbarkeit von Mustern.
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In dieser Logik wirkt jeder Versuch revolutionär, der sich auf Werte jenseits der Ökonomie und Informationsökonomie, allerdings auch jenseits der politischen Macht besinnt. Nicht der situative Vorteil des Egos, sondern Werte, die die Idee der Commons aufgreifen und weiterdenken, liegen als Gegenentwurf nahe. Ihre anthropologischen Grundlagen greifen weiter zurück und voraus als der absolute Imperativ des maximierten Eigennutzes.
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Den Text von Hans Hütt (Hervorhebungen und Links im Zitat oben von mir) finde ich auf mehreren Ebenen bestechend: da schreibt jemand, der seine Texte überaus kunstvoll geradezu inszenieren kann, über ein Thema, über das er – jenseits aller Rhetorik – über profundes Wissen verfügt. Dann bekommt er es noch hin, die Hoffnung nicht völlig fahren zu lassen.
Zu Schirrmachers Buch gibt es von mir eine kurze Notiz, wo ich die von Fachwissen befreite Kritik an Schirrmachers Buch in Frage stelle, und auch Schirrmacher vorwerfe, daß er da über Dinge schreibt, von denen er letztlich (in Computer-technischer Hinsicht) nichts versteht. Ich bin mir in meiner Wertung nicht länger so sicher. Die Interpretation von Hütt macht da deutlich mehr Sinn.