22.10.2012

Glossar: Kadenz (3)

Wenn man sich mit Musiktheorie beschäftigt, muß man, so meine These, davon absehen, nach einer „naturwissenschaftlichen“ Begründung für ihre Konstrukte zu suchen. Musik ist keinesfalls auf mathematische Modelle gebaut oder durch solche begründbar (auch wenn das wieder und wieder behauptet wird), sondern in einem geschichtlichen Prozeß entstanden, der erst seit kurzem – seit ca. dem 8.Jh. – in Form von Notenschrift dokumentiert ist.

Sicherlich gibt es hier einige Zusammenhänge, die man aus dem Blickwinkel der Physik erklären kann – anhand der Obertonreihe etwa. Grundlegende Zusammenhänge in der abendländischen Tradition, wie beispielsweise jene im Modell der Kadenz, lassen sich aber letztlich – aus Mangel an historischen Quellen – nicht schlüssig belegen. Man ist auf Spekulationen verwiesen, die nicht weiterhelfen, wenn man an dem interessiert ist, worum es mE. letztlich geht: der musikalischen Praxis.

Musiktheorie ist sowieso nur gewissermaßen ein Spiegel, in dem man hofft, die konkreten Werke der Komponisten (möglichst aller Zeiten) wiederzufinden – übrig bleibt hier regelmäßig nur ein abstrakter Abglanz vergangener Zeiten.

Dabei ist Musiktheorie aber keine beliebige Spielerei, auf die man ebensogut verzichten könnte: sie ist u.a. der Ausgangspunkt für die Ausbildung jener Musiker, die auf ihrer Grundlage neue Kompositionen hervorbringen, oder auch „nur“ alten Notentext neu interpretieren und am Leben erhalten.


Das ist jetzt ein recht langes Vorwort zu dem, was ich eigentlich vorhabe: eine knappe Einführung in die Harmonielehre.

Ich komme um einen weiteren Vorspann nicht herum: eine Einführung in die Notenschrift (die Gründe, warum die „klassische“ Notation von Musik ihre Meriten hat, hatte ich schon früherkurz skizziert). - Ich versuche, mich da möglichst kurz zu fassen, und nur das vorstellen, was man mE. wirklich dringend braucht, um in die „klassische“ Harmonielehre einzusteigen. Dabei liegt mein Schwerpunkt (u.a.) darin, zu begründen, warum man das braucht – und das ist dann der Anlaß, einen eigenen Text zu versuchen, und nicht bloß auf die zahllosen Quellen zu verweisen, die es – nicht nur im Internet – seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten schon gibt.

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