Ermächtigungsgesetz 2.0
Mit der Faust der Nazis im Nacken stimmten die Abgeordneten des Reichstags 1933 (außer KPD und SPD) dem ›Ermächtigungsgesetz‹ zu, mit dem sie ihre Kontrollrechte aufgaben.
Keine Entschuldigung haben heute die Abgeordneten, die im Reichstag für den ESM stimmen und einem nicht gewählten und nicht rechenschaftspflichtigen Direktorium unbegrenzte finanzielle Macht überlassen.
Mich wundert es wenig, wenn über diesem Hitlervergleich die Wellen der Empörung hochschlagen – man reagiert halt ein wenig empfindlich, wenn solche Assoziationen mehr sind als bloße Rhetorik.
Emmeline Pankhurst
Vielleicht sollte Attac mit diesem – nur wenig überzogenen, mE. letztlich sehr passenden – Vergleich ein wenig tiefer stapeln, und nach einer besseren, weil wesentlich schwerer zu widerlegenden Analogie in der Geschichte suchen.
Man könnte auf den – zentralen – Grundsatz des Parlamentarismus verweisen: no taxation without representation. Der ESM verstößt hier fundamental gegen ein Prinzip (das erst in der amerikanischen Unabhängigkeit zu einem stehenden Wort wurde), dem sich einst der englische König unterwerfen mußte, als er gezwungen wurde, dem Parlament das Bestimmungsrecht über sein eigenes Budget zu überlassen. Das Geld für Schlösser, Schiffe und Soldaten konnte er nur noch aufbringen, wenn das (von einer immer breiteren Bevölkerung gewählte) Parlament dem zustimmte.
Dieser Grundsatz wirft lange Wellen. Nicht zuletzt hat die Argumention mit ihm (u.a.) dazu geführt, daß nach dem 1. Weltkrieg – nach langen Kämpfen der Suffragetten – das Wahlrecht auch Frauen zugestanden werden mußte. Ein zentrales, Emmeline Pankhurst zugeschriebenes, Argument lautet: auch Frauen zahlen Steuern, und haben demnach ein Recht auf Repräsentation in jener Institution, die über deren Verwendung beschließt, dem Parlament.
Nachtrag: