29.6.2012

Heribert Prantl zur demokratischen Legitimation des ESM

Der ESM, Stammkapital 700 Milliarden Euro, belastet Deutschland nach dem Kapitalschlüssel mit 27 Prozent, das entspricht 190 Milliarden Euro, davon müssen 22 Milliarden "eingezahlt" und 168 Milliarden "abrufbar" gehalten werden. Bereits jetzt ist absehbar, dass einzelne Unterzeichnerstaaten nicht in der Lage sein werden, ihre Anteile zu zahlen und sich also der Anteil Deutschlands am Stammkapital entsprechend erhöhen wird. Ein Organ des ESM, der "Gouverneursrat", kann "jederzeit" mit "angemessener Frist" die Einzahlung der abrufbaren Kapitalanteile verlangen. Der ESM ist eine Zweckgemeinschaft luxemburgischen Rechts, die für ihn handelnden Personen, all seine Organe und Bediensteten, sind völlig immun, können von nichts und niemandem belangt werden. Es gibt weder eine Kontrolle durch die Parlamente noch eine durch die Justiz.

Heribert Prantl faßt zusammen, was sich konkret hinter dem ESM verbirgt (man weiß das; ich verlinke zur eigenen Referenz).

Eine Anmerkung am Rand: es ist bemerkenswert, daß sich die Projekte zur Rettung der Banken hinter Abkürzungen aus drei oder vier Buchstaben verstecken. Man weiß nie, wovon gerade geredet wird, es sei denn, man kennt sich in der Materie richtig gut aus.

Ähnliches kenne ich aus der Welt der Computerindustrie: es gibt kaum ein Projekt, das ohne Akronym auskommt. Das wirkt wie ein sprachlicher Nebel, den man wirft, um Uneingeweihte draußen vor zu halten. Wenn die Abkürzung dann im Gespräch eingeworfen wird, traut sich kaum jemand, nachzufragen, wovon eigentlich die Rede ist. Mit der Nachfrage wäre man dann schon außerhalb des Kontextes, außerhalb der Fachgemeinschaft, und hätte zugegeben, nicht auf dem Laufenden zu sein.


Nachtrag: Frank Lübberding über den Zusammenhang zwischen der Euro und dem Euro, wo der oben nur angedeutete Verdummungszusammenhang sehr fein auf den Punkt gebracht wird:

Fußball ist bekanntlich die schönste Nebensache der Welt, weshalb ihm das ZDF auch den ersten Sendeplatz einräumte. Noch vor dem Brüsseler Gipfel, der wieder einmal über die Zukunft Europas zu entscheiden droht. Aber die Euro findet nur alle vier Jahre statt, jeder kann mitreden und im Fußball ist Sieg oder Niederlage in Zahlen zu messen: 2:1. Das ist der Unterschied zwischen Trauer und Freude. Ob nun in Berlin oder in Rom. So überschaubar ist die Welt – und am nächsten Tag geht alles so weiter als wäre nichts geschehen.

Der Brüsseler Gipfel ist von einer anderen Qualität. Hier versteht niemand mehr etwas, der sich nicht den ganzen Tag damit beschäftigt. Das Fernsehen orientiert sich wie beim Fußball an der Dramaturgie der handelnden Akteure.

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