Datenkraken (10) - Listenprivileg

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OTTO darf Dritten sogar mitteilen, WAS man bei OTTO gekauft hat. Möglich ist das durch das oben angeführte „Listenprivileg“, eine Ausnahmeregelung, die das von der Bundesregierung gerne im Zusammenhang mit Facebook und Google zitierte Recht auf Informationelle Selbstbestimmung de facto aushebelt und ad absurdum führt.

Dieses Listenprivileg sieht vor, dass Versandhäuser, Zeitungsverlage oder auch Direktmarketing-Firmen Kundenlisten erheben dürfen, wobei einer Person neben Name, Anschrift und Telefonnummer auch jeweils ein Zusatzkriterium zugeordnet werden darf. Beispiel: Schulbildung, oder Beziehungsstatus, Einkommensklasse, Raucher/Nichtraucher etc.

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Wie in einem Güter-Bahnhof werden bei Dienstleistern wie Schober Personendaten (die u.a. durch Umfragen, Gewinnspiele oder eben das Listenprivileg legal erworben wurden) zu umfangreichen Kunden-DNA-Ketten zusammengesetzt. Aus unterschiedlichsten Einzel-Informationen werden auf diesem Weg völlig legal detaillierte Kundenprofile erstellt. Auch Social Media Quellen wie z.B. Facebook werden dazu neuerdings ausgewertet. Schober wirbt ganz unverhohlen damit, über 50 Millionen Privatadressen mit über 300 Zusatzkriterien sowie mehr als 27 Millionen private E-Mailadressen zu besitzen.

Das Listenprivileg, über das der Blogeintrag von Richard Gutjahr berichtet, ist ein mir bislang unbekanntes Konstrukt im (Nicht-)Datenschutz. Was Gutjahr hier beschreibt, ist ein absolutes Desaster, das die Praxis von Google & Co. fast harmlos erscheinen läßt.

Dabei finde ich die Tatsache, daß ich vom Listenprivileg bislang nichts wußte, fast erschreckender als dessen Existenz. Ich dachte, daß ich über Netz- und Datenschutzdinge einigermaßen gut informiert bin, wenn ich mich nicht auf die offizielle Propaganda der geläufigen Medien verlasse, sondern zB. regelmäßig Blogs lese, die in meinen Augen so etwas wie eine Gegenöffentlichkeit darstellen. – Offensichtlich reicht selbst das noch nicht aus.