5.3.2012

Über Moral

Cubase kommt auf weltweit geschätzte 1.5 Millionen Installationen[1] – wenn ich die sog. „Raubkopien“ mal außen vor lasse. Dabei vermute ich, daß nicht jeder, der ein Cubase-Package kauft, dieses auch regelmäßig nutzt. Mehr noch: wahrscheinlich gibt es eine nicht geringe Anzahl unter unseren Kunden, die die Software zwar gekauft, aber ungenutzt im Regal stehen haben (so wie mir das gelegentlich mit Büchern geht, die ich unbedingt lesen will, die aber nur als Staubfänger enden).

In meiner aktiven Zeit als Musiker habe ich beim Recording von genau einem Album mitgewirkt, und dreimal vor einem Publikum gespielt, das mehr als eine dreistellige Zahl von Zuhörern hatte. Das waren Ereignisse in meiner persönlichen Biografie, die ich nicht vergessen werde (ich bin ein eitler Mensch, und auf Zuspruch von Außen angewiesen).

Wenn ich dann davon ausgehe, daß vielleicht nur die Hälfte der Verkäufe in Benutzung sind, und nur ein kleiner Teil (1%?; es sind sicher mehr) der User so etwas wie einen „Score Editor“ (die Darstellung der „Musik“ in Notenschrift in Cubase, für die ich – neben anderem – in den letzten zwanzig Jahren Autorenschaft beanspruchen kann) wirklich benutzen: selbst dann ist das ein richtig großes Publikum für das, was ich täglich tue.

Jede Änderung im Code von Cubase, die ich mache, betrifft keinesfalls eine Öffentlichkeit, die von einem falsch intonierten Ton auf meinem Baß am nächsten Tag nichts mehr weiß. Wenn ich eine Zeile Code falsch schreibe, betrifft dies Zehn-, möglicherweise Hunderttausende, wenn das Programm nicht tut was es soll, oder sogar abstürzt.

Was ich sagen will: wenn ich lese, daß ein Emporkömmling, der sich allein darum verdient gemacht hat, ein hohes Amt in unserer Verfassung in Verruf zu bringen, noch mit einem Ehrensold belohnt wird, kann ich mich vor lauter kalter Wut kaum retten.

  1. [1] Hearsay - ich habe die Zahl in informellem Gespräch aufgeschnappt.

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