Weltnichtrauchertag

Sicher: wer raucht, stirbt früher. Wer Auto fährt, tut das auch, und erst recht, wer als Fußgänger regelmäßig bei Rot über die Kreuzung geht – nicht zu reden von denen, die vom Leben zu Tode kommen. Mich stört gewaltig jeglicher „moral highground“, zumal wenn er von jenen betreten wird, die glauben, daß man von Statistiken ableiten kann, wie man zu leben hat.

Wenn Nichtraucher die Forderung stellen, daß man in ihrer Umgebung auf das Rauchen zu verzichten hat, haben sie ein Problem: sie fordern einen Verzicht von anderen, haben dafür aber nichts zu bieten. Normalerweise geht mit einer Forderung ja immer ein Angebot einher: du tust dieses (oder unterläßt es), dafür tue ich etwas anderes (oder unterlasse es). Im Fall der Konfrontation zwischen Nicht- und Rauchern gibt es aber in dieser Hinsicht keine Geschäftsgrundlage: die eine Seite fordert einen Verzicht, kann aber dem kein Angebot entgegenstellen. Die Raucher sind entrüstet, weil sie sich in der Freiheit ihres Tuns eingeschränkt sehen; die Gegenpartei hat dem nichts entgegenzusetzen außer der Empörung, daß es hier um die allgemeine Gesundheit geht.

Ich will keinesfalls die Raucher in Schutz nehmen: deren Anliegen, wo auch immer und in wessen Gesellschaft auch immer rauchen zu dürfen, ist durch den Verweis auf die Freiheit des eigenen Handelns (und womöglich auf den Verweis auf die angebliche Intoleranz der Nichtraucher) nicht im mindesten zu rechtfertigen. Umgekehrt führt das Ungleichgewicht im Diskurs über Moral bei den Nichtrauchern nicht etwa dazu, daß sie Zugeständnisse an ihre Opponenten machen, sondern zu dem Versuch, sich in eine vermeidlich moralisch überlegene Position zu hieven.

Ich schreibe das hier nicht auf, um Front für die eine oder andere Partei zu machen – die Debatte ist aber symptomatisch für viele andere, wo man die Vertretung von Interessen mit dem „moralisch richtigen” Standpunkt verwechselt.

(Angeschubst von einem Eintrag im WissensLog)