2.4.2011

Die Welt spricht nicht. Das tun nur wir. (3)

(Themenzusammenhang)

Kurz, die Bürger meiner liberalen Utopie wären Menschen, die Sinn für die Kontingenz der Sprache ihrer Überlegungen zur Moral und damit ihres Gewissens hätten. Sie wären liberale Ironiker – Menschen[…], die Engagement mit dem Sinn für die Kontingenz ihres Engagements verbinden.

(Richard Rorty. Kontingenz, Ironie und Solidarität. Ff./M.1989. S.111)

Rorty versucht, die Utopie einer Gesellschaft zu entwerfen, die ohne den Rekurs auf „Gewißheiten“ auskommt – sei dies die Vorstellung von einer Wahrheit über die Wirklichkeit, auch wenn diese vielleicht noch nicht erkannt wurde; sei dies die Idee einer absoluten, für alle Menschen und zu allen Zeiten gültigen Moral.

In Rortys Philosophie spielt Sprache die zentrale Rolle, denn die Welt als solche kann nicht „wahr“ sein - Bewertungen wie „richtig“ oder „falsch“ sind immer Beschreibungen, Sprechakte. Dabei ist Sprache kein Mittler zwischen den Sprechenden und der „objektiven“ Welt – sie „gehört“ allen Sprechern, und entsteht und verändert sich in den Akten der Kommunikation. „Sprache“ ist keine Darstellung von etwas außerhalb von Sprache selbst, sondern ein Werkzeug, mit dem wir unsere Vorstellung von Wahrheit konstruieren.

Sprache ist kontingent. Sie hat keine eindeutige Struktur, die zu allen Zeiten gleich bleibt. Sie verändert sich zwar nicht beliebig, sondern bezieht sich immer auf ihre eigenen Historie. Wenn sich aber neue Metaphern oder neue „Vokabulare“ ausbilden, sind die Auswirkungen auf die Wirklichkeit unvorhersehbar.

„Ironiker“ schließlich sind Menschen, die um die Kontingenz ihrer eigenen Wahrheiten wissen, dennoch an ihnen festhalten. Für einen Liberalen im Sinne Rortys steht Moralität nicht für die Gewißheit, was richtig und falsch ist, sondern für die Hoffnung, „daß Leiden geringer wird, daß die Demütigung von Menschen vielleicht aufhört“. (AaO, S.14)

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