6.2.2011

Dollhouse – Did I Fall Asleep?

(Zettelkasten)

Die jüngste TV-Show von Joss Whedon spielt im Dollhouse – im Laboratorium einer Firma, die ihre Angestellten mit Hilfe obskurer Technologie ihrer Persönlichkeit beraubt. Sie werden zu Dolls: Puppen, die man auf kindliche Reflexe reduziert, und denen man immer neue, fremde Identitäten implantieren kann. Mit einer neuen „Software" ausgestattet, werden sie dann für alle möglichen Einsatzzwecke verfügbar – wobei die Kunden des Dollhouse ein gutes „Return On Investment” erwarten können (wenn sie ein Doll zB. für Einbrüche anheuern, für die spezielle Fähigkeiten erforderlich sind), oder bereits über genug Geld verfügen, um sich eine besondere Form von Prostitution leisten zu können (wo das Doll beim Sex nicht nur Lust vorspielt, sondern, dank des Software-Implantats, echte Liebe empfindet).

Auch in dieser Show finden sich Whedonesque-Wortspiele, die zuerst nur lustig sind, bei einigem Nachdenken aber Sinn machen, der über einen Scherz weit hinausreicht; zB.: Joel, Internet-Gewinner mit richtig viel Geld auf dem Konto, im Gespräch mit Paul, FBI-Agent:

Joel: So, long story still kind of long, my first check had more zeros than the Luftwaffe.

Paul: The Japanese. They had the zeros, not the German.

(Dollhouse, 1.6)

Dabei dreht es sich, auch in dieser Show, um das Ausloten von Grauzonen. Wo es bei Buffy um die Grenzen der Moral zwischen Gut und Böse geht, verschwimmt hier die Gewißheit um die eigene Identität – sowohl in deren Wahrnehmung durch andere, als auch in ihrer Definition durch sich selbst.[1]

Adelle DeWitt, Leiter des Dollhouse, betrügt die eigene Firma, indem sie die Dienste eines Dolls zum privaten Vergnügen in Anspruch nimmt. Der Dialog direkt nach dem Beischlaf geht so:

DeWitt: It's ironic: sometimes I think you're the most real person I've ever met.

Victor: That's not irony. No one gets that right.

DeWitt: Everyone has their first date. And the object is to hide your flaws. And then you're in a relationship, and it's all about hiding your disappointment. Then once you're married, it's about hiding your sins.

Victor: Kathrin, mistress of the dark observations.

DeWitt: But with you, there's no reason to hide anything real.

(Dollhouse, 2.x)

Interessant ist, daß Adelle sich dem Doll, das sich am nächste Tag ja an nichts mehr erinnern wird, trotzdem unter falschem Namen vorstellt (Victor nennt sie „Kathrin"). Wenn man sich an eine andere Schlüsselstelle in einer Whedon-Show erinnert – das „Big Bad" in der vierten Staffel von „Angel" wird besiegt, als man dessen Namen weiß und laut ausspricht – wird auch klar, warum diese Situation zwischen DeWitt und Victor alles mögliche ist, nur keine Ironie. Ausgerechnet Victor (das Doll) weiß es richtig: „That's not irony. No one gets that right." „No one" – und das ist er selbst.

Der „Fan-made Trailer"[2] bringt deutlich besser auf den Punkt, worum es in der Show geht, als das offizielle Material:

Echo:

We're not anything. We're not anybody, because we are everybody.

Echos Kommentar aus dem Off:

Now I understand.

(Via Whedonesque)

  1. [1] Sehr offensichtlich zunächst: die „Zuhälter" kümmern sich durchaus fürsorglich um ihre Crew; und die „Prostituierten" haben sich für fünf Jahre freiwillig für den Trip verpflichtet.
  2. [2] Kommentar dazu bei YouTube:
    Tim Minear just posted your vid to his Facebook page with this comment: "Fan vids are so sophisticated. Almost makes me want to see this show."

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