Bildermaschinen (2)
Neben dem Spielkram für den Massenmarkt verfügen moderne DSLRs über eine große Anzahl sinnvoller oder sogar unverzichtbarer Einstellmöglichkeiten. Man kann hier zwei Ebenen unterscheiden: zum einen handelt es sich um Parameter der kamerainternen Bildbearbeitungssoftware; zum anderen um Hilfen und Werkzeuge für die Arbeit mit der Hardware, also den drei grundlegenden Variablen: Verschlußzeit, Blende und Fokussierung.
Jede digitale Kamera hat eine – mehr oder weniger leistungsfähige – Bildbearbeitungssoftware an Bord, um die Daten, die der Fotochip nach der der Belichtung bereit hält, in eine Bilddatei umzurechnen. Die „Rohdaten“, die auf dem Fotochip anliegen, entsprechen in gewisser Weise einem Negativ, das im Labor nachträglich belichtet werden muß, wobei eine ganze Reihe von Einstellungen erst am Belichter gemacht werden können – mit dem Unterschied, daß in der digitalen Fotografie die Belichtung in der Kamera selbst stattfindet, und nicht zu einem Abzug auf Papier führt, sondern zu einer Datei auf dem Speicherchip. Dabei sind, besonders wenn es um das gängige JPG-Format geht, eine ganze Reihe von Schritten in der Nachbearbeitung notwendig, die eine entscheidende Rolle für die Qualität des endgültigen Fotos spielen. Die Kamera codiert die Informationen des Fotochips in unterschiedliche Farbkanäle, führt eine Reihe von Optimierungen durch (Weißabgleich, Gamma-Korrektur, Rauschunterdrückung etc.), und komprimiert zum Schluß das Bild zu einer JPG-Datei. All diese Schritte sind nachträglich nicht rückgängig zu machen, und insbesonders die abschließende Komprimierung sorgt für eine deutliche Einbuße an Bildinformationen. Dabei ist selbst eine ausgefuchste Kamera mit zahlreichen Optionen zur Steuerung der Software-Parameter einem Computer immer unterlegen – es bietet sich deshalb an, die „Rohdaten“ des Fotochips unbearbeitet im sog. „RAW“-Format zu speichern, und erst später, im Computer, die endgültige Feinabstimmung zu erledigen. Dazu später mehr.
Die zweite Bedienebene beschäftigt sich mit der Steuerung der Hardware – und spätestens hier führt kein Weg daran vorbei, sich mit den Knöpfen und Menus der Kamera intensiv vertraut zu machen, und nicht mehr auf nachträgliche Möglichkeiten der Bearbeitung am Computer zu hoffen.
Zunächst gibt es einige Optionen, die Scharfstellung durch das Objektiv zu beeinflussen. Alle DSLRs bieten heute die Auswahl zwischen manueller Scharfstellung und Einsatz des Autofokus (AF), wobei letzteres Standard und manuelles Nachjustieren nur in Ausnahmefällen notwendig ist. Dabei lassen sich idR verschiedene Modi anwählen, die über die Funktionsweise der AF-Messung bestimmen – oft gibt es noch die Möglichkeit, eine größere Anzahl von AF-Meßpunkten zu konfigurieren.
Die weitaus umfangreichste Bediengruppe beschäftigt sich mit der Einstellung der korrekten Belichtung, also dem Wechselspiel zwischen Belichtungszeit und Blendenöffnung. Neben dem manuellen Modus, in dem man beide Werte unabhängig voneinander einstellt, und der obligatorischen Vollautomatik, die ein Blende/Zeit-Pärchen automatisch so auswählt, daß die Aufnahme korrekt belichtet ist, ohne daß die Belichtungszeit zu lange dauert und man das Bild verwackelt, gibt es zwei halbautomatische Modi, bei denen man Blende/Zeit vorwählt, und Zeit/Blende von der Kamera automatisch vorgegeben bekommt. Der eingebaute Lichtmesser, der über die korrekten Blende/Zeit-Werte Aufschluß gibt, beherrscht idR verschiedene Meßverfahren, die man je nach Situation variieren kann. Die meisten DSLRs verfügen über einen Taster, mit dem man einen bestimmten Punkt im Bild messen und festhalten kann, um danach auf einen anderen Punkt scharf zu stellen (AEL/AFL bei Olympus). Außerdem kann man gezielt um eine bestimmte Blendenzahl über- oder unterbelichten, was z.B. im Gegenlicht oder anderweitig besonders kontrastreicher Umgebung hilfreich sein kann.
Daneben gibt es eine Reihe zusätzlicher Features, die nicht recht in die oben angestellte Systematik passen. Gerade bei der Arbeit mit Zoomobjektiven ist ein Bildstabilisator ein nahezu unverzichtbares Hilfsmittel, dessen Wirkungsweise man idR einstellen kann. Nicht zuletzt läßt sich die Empfindlichkeit des „virtuellen Films“ variieren – meisten liegt der Einstellbereich zwischen ISO 100-1600 (wobei ab ISO 800 auch bei dem Fotochip einer DSLR Bildrauschen deutlich sichtbar wird[1]).
- [1] Wenn ich die Berichte von Andrea Diener über ihre neu erworbene Leica M9 - besonders über deren Nachttauglichkeit - lese, bin ich kurz davor, vor Neid zu erblassen.