Bildermaschinen

(Komplettes Thema)

Im Grunde braucht ein Fotoapparat neben dem Auslöseknopf lediglich drei Einstellmöglichkeiten (von denen zwei genau genommen zum Objektiv gehören): Belichtungszeit, Blendenöffnung, und Fokussierung. Letzteres ist einfach: man stellt das Objektiv auf eine bestimmte Entfernung scharf. Belichtungszeit und Blende regulieren gemeinsam die Menge Licht, die nach dem Auslösen auf den Film (oder den digitalen Fotochip) fällt, und bestimmen damit über die Belichtung der Aufnahme. Je kürzer die Belichtungszeit ist und je weiter die Blende geschlossen wird, desto weniger Licht fällt auf den Film, und desto dunkler wird die Aufnahme. Blendenzahl und Belichtungszeit stehen einander in Abhängigkeit, und müssen „zueinander passen”, wenn man ein ausgewogen belichtetes Foto bekommen will.

Es ist durchaus möglich, mit „falsch” - also über- oder unterbelichteten - Bildern bewußt bestimmte Wirkungen zu erzielen; insofern bietet der Umgang mit Blende und Belichtungszeit durchaus gestalterische Möglichkeiten. M.E. gehört dies jedoch in die Nachbearbeitung im Fotolabor oder am Computer. Eine korrekt belichtete Aufnahme kann man hinterher immer noch „falsch” abbilden, wogegen eine inkorrekt belichtete Aufnahme unstrukturiert rein weiße oder schwarze Flächen aufweisen kann, bei denen jede Nachbearbeitung prinzipiell unmöglich ist. Das gilt für kontrastreiche Situationen - die ja idR auch Gelegenheit für die interessantesten Fotos bieten - mehr als für kontrastarme; und weitaus mehr für digitale als für analoge Fotos.

Die gewählte Blende hat Einfluß auf die Schärfentiefe, während die Verschlußzeit darüber bestimmt, ob bewegte Objekte unscharf werden oder „eingefroren” wirken. Wenn man ein Portrait macht, will man idR das scharfgestellte Gesicht vor einen unscharfen Hintergrund stellen, und wählt eine große Blende und eine kurze Belichtungszeit; gleiches gilt - wenn auch aus anderen Gründen -, wenn man zB. die Aktion eines Artisten einfrieren will. Genau andersherum (kleine Blende und lange Verschlußzeit) geht man vor, wenn man eine Landschaft mit möglichst großer Tiefenschärfe fotografieren will, oder aber die Geschwindigkeit eines bewegten Gegenstands vor unscharfem Hintergrund andeuten will, indem man die Kamera bei längerer Verschlußzeit mit der Bewegung mitzieht. - Dies ist in etwa der Grundbestand an gestalterischen Möglichkeiten, den die Bedienung der Kamera selbst bietet (wobei dies bei weitem nicht alle, nicht einmal die wichtigsten sind).

Vor diesem Hintergrund liegt die Frage nahe, warum marktgängige Kameras über eine nahezu unüberschaubare Vielzahl zusätzlicher Einstellungen verfügen. Selbst billige „Knipsen”, die nicht einmal über manuellen Zugriff auf Blende und Verschlußzeit verfügen, sondern diese Einstellungen stets automatisch erledigen, haben idR eine lange Liste an Motiv-Programmen, aus denen man für gängige fotografische Situationen wählen kann: Portrait, Landschaft, Nachtaufnahme, etc. Bei den etwas besseren Modellen gibt es darüber hinaus noch digitale Effekte, diverse Funktionen zur Farbkorrektur, und die Möglichkeit, die Bilddateien in unterschiedlicher Qualität auf dem Speichermedium abzulegen. Professionelle Kameras kommen ohne diesen Spielkram anscheinend auch nicht mehr aus, und manchmal unterscheidet sich selbst in diesem Marktsegment das „bessere” Modell von dem preiswerteren Vorgänger nur dadurch, daß es ein paar Effekte und Filter mehr an Bord hat.