Das Ticken einer mechanischen Uhr
Ich erinnere mich, wie mich früher das Klicken einer mechanischen Uhr derart in den Bann ziehen konnte, daß ich die halbe Nacht wach lag. Das einförmige, in immer gleichem Abstand wiederholte Geräusch erzeugte eine Angst und Spannung, die ich mir nicht erklären konnte – irgend ein Bann lag darin, ein Fluch, der wie ein Spiegel dem Versprechen entgegenstand, daß der nächste Klick dem vorherigen exakt gleichen wird. Der erwarteten Monotonie war das mögliche Erschrecken mit eingebaut, wenn sich die Erwartung doch nicht erfüllt.
Wenn ich heute, wie kürzlich im Fremdenzimmer einer Pension, auf eine der heute so seltenen mechanischen Uhren stoße, finde ich ihren Klang fast tröstlich – eine Erinnerung an eine halb vergessene, längst überwundene Angst. Wenn man genau hinhört, ist ihr ja Klang keinesfalls monoton, sondern – in einem engen Rahmen – von analoger Vielfalt, die einem mechanischen Metronom entspricht, nicht jedoch seinem vom Computer generierten Gegenstück. Auch das Timing ist nicht völlig präzise, sondern die Klicks sind um Nuancen am Wandern – Nuancen, die ich als Kind nicht kannte, die ich heute, nach langen Jahren im Zeitalter der Computer, leicht hören kann.