11.7.2009

Urheberrecht - quo bono?

(1. Teil)

Es stellt sich die Frage, wer vom Urheberrecht profitiert: der avancierte Künstler? Oder doch eher der Rockstar oder Bestsellerautor, die beide nur an der Spitze einer ganzen Gruppe von im Kunstbetrieb Beschäftigten stehen, die an der Produktion von Musik oder Literatur beteiligt sind?

Wenn man nach Beispielen in der Geschichte sucht, wo große Kunst von jemandem geschaffen wurde, der von ihr nicht im entferntesten leben konnte, fällt mir sofort ein Name ein: Franz Kafka. Tagsüber hat er als kleiner Angestellter bei einer Versicherungsgesellschaft sein Geld verdient, um in der Nacht zu schreiben. Dabei hat es Anfang des 20.Jh bereits ein voll ausgebildetes Urheberrecht gegeben - nur hat dieses Kafka nicht dazu verholfen, auch nur eine einzige müde Mark mit seiner Kunst zu verdienen.

Nicht anders sieht das aus, wenn man sich den völlig unterschiedlichen Fall von Gustav Mahler ansieht. Als berühmter und einflußreicher Dirigent, zuerst in Hamburg, später an der Hofoper in Wien, hatte er es immerhin in der Hand, die Aufführung seiner Sinfonien durchzusetzen. Entstanden sind sie in den Sommerferien, in seiner Freizeit also, und verdient hat er an ihnen nicht einmal den eigenen Ruhm zu Lebzeiten - erst später hat eine größere Öffentlichkeit die sperrigen, keiner Kategorie zugehörigen Werke zu verstehen gelernt.

Ganz anders sieht das aus im Falle von Richard Strauss: von den Tantiemen seiner Oper „Salome” hat er - seiner eigenen Auskunft zufolge - seine Villa in Garmisch finanziert, und auch von den Aufführungsrechten seiner anderen, schon zu seinen Lebzeiten populären Opern hat er mehr als nur gut leben können.

Die Frage, wer von diesen beiden fast gleichaltrigen Männern, die sich gut gekannt und gegenseitig hoch geschätzt haben, der größere Musiker war, läßt sich auch heute nicht abschließend beantworten - wahrscheinlich ist die Frage sogar ganz einfach falsch gestellt.

Mahler war wahrlich nicht von Armut betroffen - ganz im Gegenteil. Das Modell des Urheberrechts zur Generierung von Einkommen war für ihn schlicht unerheblich. Auch Strauss hätte ohne Tantiemen für Aufführungsrechte leicht ein gutes Leben führen können - er hätte sich dann halt als Dirigent eine Stellung im Musikleben gesucht, wie er das als junger Mann ja bereits erfolgreich getan hatte.

Ein anderes Beispiel für die merkwürdigen Dinge, für die das Urheberrecht steht, bietet Yoko Ono, die jedesmal Tantiemen kassiert, wenn Paul McCartney's „Yesterday” gespielt wird. Als Erbin John Lennons ist sie die Nutznießerin einer geschäftlichen Konstruktion aus der Zeit der Beatles, in der McCartney und Lennon ihre Stücke unter einem gemeinsamen Urhebertitel laufen ließen. Hier scheint der Ursprung des Urheberrechts durch: Goethe hatte einst dafür gesorgt, daß seine Erben nach seinem Tod weiterhin von seiner Arbeit profitieren.

[Wird fortgesetzt]

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