28.6.2009

Highsider vs. Lowsider

Ein „Lowsider” ist einfach zu erklären: man gibt in der Schräglage zu viel Gas, das Hinterrad verliert die Haftung und schmiert weg. Das Motorrad fällt auf die kurveninnere Seite und rutscht vor dem Fahrer her ins Aus.

Ein „Highsider” ist das dramatische Gegenstück: das Motorrad wird über das Vorderrad ausgehebelt, fällt auf seine kurvenäußere Seite, und wirft den Fahrer über sich ab. Der Fahrer kommt vor seine Maschine, und wenn es schlimm ausgeht, wird er von ihr getroffen oder begraben.

Wie kommt das zustande? Ich war eigentlich relativ sicher, das verstanden zu haben, habe aber mittlerweile wieder Zweifel, ob meine Überlegungen stimmen. Im Wikipedia-Artikel z.B. ist die Rede davon, daß der Fahrer durch die Wirkung der Federung über das Motorrad geschleudert wird - was mir nun überhaupt nicht einleucht.

Fakt ist, daß ein Highsider (unter anderem) dadurch zustande kommt, daß der Fahrer, dem beim Rausbeschleunigen das Hinterrad ins Rutschen gerät, plötzlich das Gas zumacht. Wenn man hier gar nichts macht und den Gaszug einfach so beibehält, wie er gerade steht, passiert im schlimmsten Fall ein Lowsider - der Grip reicht definitiv nicht aus, das Hinterrad schmiert weg. Im Zweifelsfall bekommt das Hinterrad aber wieder Haftung - und dann geht es nach einer kurzen Schaukelei weiter, als sei nichts gewesen[1].

Wenn man einen Highsider so erklärt, daß das Hinterrad plötzlich wieder Haftung gewinnt und das Vorderrad wie ein Hebel wirkt, über den das Motorrad - wie ein Stabhochspringer über seinen Stab - herüber gedrückt wird, erklärt das noch nicht, warum das ausgerechnet dann passiert, wenn man den Gaszug schließt. Man sollte meinen, daß die Hebelwirkung wesentlich heftiger ausfällt, wenn man das Gas offen hält. Die einzige Erklärung, die mir dazu einfällt, ist die, daß man durch das plötzliche Schließen des Gases schlagartig wieder Grip bekommt, während man im anderen Fall (konstant offenes Gas) dem Motorrad Gelegenheit gibt, sich allmählich wieder einzupendeln.

Der Lastwechsel, der statt findet, wenn das Hinterrad rutscht, ist durchaus komplex - es ist ja nicht so, daß nur am Hinterrad etwas passiert. Wenn der Schub von hinten plötzlich fehlt, wird auch das Vorderrad wieder schwerer - beim Beschleunigen ging die Last nach hinten, jetzt richtet sie sich nach vorne. Dadurch vergrößert sich die Wirkung des Lenkereinschlags. Theoretisch müßte das vorher leicht ins Kurvenäußere zeigende Vorderrad - bei gleich bleibendem Druck auf den Lenker - jetzt geradeaus oder sogar ins Kurveninnere zeigen. Wenn dann plötzlich wieder Schub auf dem Hinterrad wirksam wird, richtet sich die Maschine ruckartig auf.

Man muß also vermeiden, daß das Hinterrad wieder Grip bekommt - zumindest darf dies nicht abrupt geschehen. Deshalb läßt man den Gasgriff dort, wo er war, und wartet ab, was in der Folge geschieht.

Aber wie gesagt - ich bin mir nicht mehr wirklich sicher, ob das so stimmt. Ich muß da gelegentlich noch ein paar andere Meinungen einholen.

  1. [1] Genau das ist mir beim letzten Training passiert. Dabei schlug das Hinterrad, nachdem es beschlossen hatte, doch nicht wegzurutschen, zunächst in die andere Richtung. Das war gewissermaßen der Anlauf zu einem Highsider, dem zum Glück die Puste ausging.

Nachtrag: Ich habe mit Bernt Spiegel über das Thema telefonisch gesprochen, und über das Gespräch hier eine Notiz eingestellt.

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