4.6.2009

Richard Wagner - Wesendonck-Lieder

Von Richard Wagner gibt es neben seinen Opern kaum kleinere Werke. Kammermusik spielt in seinem Schaffen überhaupt keine Rolle, und auch Gelegenheitskompositionen wie etwa ein Kalenderblatt für das Klavier fehlen (fast) völlig. Schon deshalb fallen die Wesendonck-Lieder heraus, zeigen sie doch ausnahmsweise auf kleinstem Raum all das, was für Wagners Musik typisch ist.

Die fünf Lieder nach (unbedeutenden) Texten jener Frau, die Wagner damals liebte, Mathilde Wesendonck, Gemahlin seines Gönners Otto Wesendonck, entstanden in der unmittelbarer Vorarbeit zu „Tristan und Isolde”. Sie zeigen nicht nur den radikalen Weg, den Wagners Harmonik zu jener Zeit (1857) einschlug, sondern enthalten Material, das nur leicht variiert direkt in den „Tristan” einging. Im letzten Lied („Träume”) findet sich viel aus der Harmonik des zweiten Akts aus dem Tristan, im „Sink hernieder, Nacht der Liebe”-Duett der beiden Protagonisten. Das dritte Lied („Im Treibhaus”) - das längste, und m.E. auch bedeutendste aus dem Zyklus - bereitet das Material für den Beginn des dritten Tristan-Akts nicht nur vor, sondern wird dort dann fast wörtlich übernommen.

Wenn man sich einen kurzen Eindruck vom typischen „Wagner-Sound” verschaffen will, wird man in der knappen halben Stunde, die diese Lieder dauern, gut bedient. Man muß das allerdings unter gewissen Vorbehalt stellen, weil die Orchestrierungen bis auf eine Ausnahme nicht von Wagner selber stammen, sondern von seinem getreuen Lehrling, Felix Mottl. Das ist zwar solides Handwerk, kommt aber an die Behandlung des Orchesters durch den „Meister” nicht im Entferntesten heran[1].

Es gibt einen ganzen Schwung von Einspielungen des Zyklus - trotzdem besitze ich genau eine, und will auch gar nicht mehr. Waltraud Meier ist in meinen Augen die derzeit beste Besetzung für die Rolle der „Isolde”, und damit auch prädestiniert für den Vortrag der Wesendonck-Lieder. Die Klangqualität der Erato-Aufnahme ist zwar reichlich zweifelhaft, reicht aber aus, um ihr ganz unglaubliches Ausdrucksspektrum zu transportieren[2].

  1. [1] Es gibt eine alternative Instrumentierung der Lieder durch Hans Werner Henze, die komplett anders klingt als die Bearbeitung Mottls, obwohl sie Note für Note wörtlich die Noten Wagners umsetzt. Ich habe irgendwann eine Aufführung im Fernsehen gesehen, bislang aber leider keinen Mitschnitt auf CD gefunden (Nachtrag: Ich habe doch noch eine Aufnahme gefunden.
  2. [2] Ich hatte an anderer Stelle bereits davon berichtet.

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