26.5.2009

Spreewaldring 2009 - 1.Wochenende (3)

Spreewaldring - Überblick

Auf dem Spreewaldring erreicht man am Ende der Gegengrade das höchste Tempo des ganzen Kurses. Ich muß dort noch kurz in den vierten Gang hochschalten, das müssen also ca. 180 Sachen sein; die folgende Rechtskurve fährt man mit vielleicht 50 km/h. Die letzten hundert Meter davor geht es leicht bergab, wodurch das optisch noch kürzer erscheint, als es in Wirklichkeit schon ist. Dort stehen zwei Schilder, die die letzten 100 bzw. 50 Meter markieren. Wenn man es richtig macht, fährt man am 100m-Schild mit aufgerissenem Gaszug vorbei, und langt erst kurz danach voll in die Bremse, sprich, man legt eine Vollbremsung bei Tempo 180 hin. Auf der Landstraße würde das todsicher zu einem einknickenden Vorderrad und Abflug in hohem Bogen führen; hier aber kann man das machen, weil der Asphalt einer Rennstrecke unerhörten Grip bietet. Dabei wird man wesentlich härter (rückwärts) beschleunigt, als das (vorwärts) mit meinen 120PS möglich wäre (und die sind gut genug für 0 auf 100 in 3,1 sec.) - ich schätze, es bräuchte annähernd das Doppelte an Leistung, bevor sich das die Waage hält.

Diese Übung darf man aber keinesfalls als Mutprobe mit angehaltenem Atem angehen; man muß dabei relaxed und entspannt sein, sonst geht das totsicher in die Hose. Außerdem hilft es überhaupt nicht, sich auf einen bestimmten Punkt festzulegen, an dem man dann in die Bremsen steigt, den man dann Stück für Stück nach vorne verlegt. Gerade in den ersten Turns kommt man mit sehr unterschiedlichem Tempo an, weil man ja noch an der Linie feilt, die in die Grade hineinführt und damit letztlich über das Endtempo entscheidet. Man muß also einen Blick dafür entwickeln, welches Tempo über welche Distanz man mit der Bremse herausnehmen kann - und wenn man mit 180km/h statt zuvor mit 170km/h anfliegt, sind die Bremswege plötzlich überproportional länger.

Die theoretischen Überlegungen stelle ich erst jetzt gerade an. Am Wochenende habe ich versucht, den Kopf so weit auszuschalten, wie mir das nur möglich ist. Ich habe mich da ganz langsam an die Grenzen herangetastet - wobei es sehr geholfen hat, als mir einer der Instruktoren klar machte, daß man auf dem Spreewaldring beste Voraussetzungen für Bremsübungen hat, weil die beiden Graden jeweils in einem Kies- bzw. Sandbett auslaufen. Falls man wirklich die Kurve nicht mehr bekommt, kann man den Notausgang nehmen, die Kupplung ziehen und die Maschine im Sand ausrollen lassen. Wenn man mental auf diese Situation vorbereitet ist, dürfte nicht einmal das Bike etwas abbekommen.

Im Verlauf der beiden Tage habe ich mich jedenfalls deutlich gesteigert. Im letzten Turn des ersten Tages hatte sich hinter mir über mehrere Runden eine kleine Gruppe von Fahrern versammelt, die zwar schneller waren als ich, denen es aber die Mühe nicht wert war, an mir vorbeizukommen (was dann prompt dazu führte, daß wir die schwarze Flagge gezeigt bekamen - zu laut). Am Sonntag kam M. dazu, der schon im letzten Jahr auf seiner R6 die ersten Turns hinter mir hergefahren war und sich die Linie hatte zeigen lassen - nur um mich dann gnadenlos auf der Bremse stehen zu lassen und uneinholbar abzuhängen. Das hat er auch in diesem Jahr so gehalten. - wobei er im letzten Turn des Tages aus einem Abstand von vielleicht 100 Metern über eine ganze Reihe von Runden nicht mehr an mich herangekommen ist. Er hat natürlich (mit einem halben(!) Augenzwinkern) behauptet, daß der Turn für ihn total schlecht gelaufen ist. Für mich waren das aber die wohl bislang besten Runden meiner Zeit auf dem Motorrad überhaupt.

Fortsetzung

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