Wirtschaftskrise - erster Akt, zweite Szene (fortgesetzt)

Minus 6,0% für das BIP in diesem Jahr, nachdem bis vor kurzem noch von minus 2,5% ausgegangen wurde, 2010 immer noch ein leichtes Minus (0,5%) - so sehen die Prognosen des IWF momentan aus. Bei dem Tempo, in dem die Zahlen nach unten korrigiert werden müssen, sehe ich richtig schwarz für das, was wir in diesem Sommer erleben werden - vom Sommer nächsten Jahres ganz zu schweigen. Alle, die den Absturz im Vorfeld haben kommen sehen, sind sich darin einig, daß wir es nicht mit einer Rezession zu tun haben, die nach einem, spätestens zwei Jahren überwunden wird, sondern mit einer Depression reinsten Wassers, nach der kein Stein mehr auf dem anderen steht.

Es gäbe durchaus Wege[1], aus dieser Situation mit nur einem blauen Auge und einem mittleren Hörsturz heraus zu kommen. Bei all dem, was die Lobby aus der (Finanz-)Wirtschaft der Politik momentan abpreßt, besteht aber die Gefahr, daß unser jetziges sozio-ökonomisches System am kompletten Körper Wunden davon trägt, die auch auf der Intensivstation nicht mehr behandelbar sind. Steinbrücks Umschwenken in der Frage der Einrichtung von „Bad Banks” spricht da Bände. Man nimmt es kaum noch mit Verwunderung zur Kenntnis, daß an der Formulierung des FMStG die Anwaltskanzlei Freshfields maßgeblich mitgeschrieben hat, die an anderer Stelle für die großen Finanzinstitute arbeitet, oder daß in der Person von Jörg Assmussen jemand die Arbeitsgruppe „Bad Banks” leitet, der ebenfalls einschlägig bekannt ist (selbst bis in die Wikipedia hat sich herumgesprochen, wofür der Mann mitverantwortlich zeichnet).[2]

Frank Luebberding faßt zusammen:

In Wirklichkeit ist dieses Bankensystem eine leere Hülle. Der Kapitalismus als ein System autonom handelnder Akteure wird nur noch simuliert. Die Verantwortung für die Aufrechterhaltung der volkswirtschaftlichen Kreisläufe hat der Staat übernommen. Er bewahrt die wegbrechenden Einkommen vor dem völlig freien Fall und sichert die Kreditversorgung der Unternehmen - auf welchen Umwegen auch immer. Allein der Staat hat den Kollaps bisher verhindert.

(Quelle)

Unterstreichen muß man das vorletzte Wort: „bisher”.

Wobei: da draußen gibt es ein paar Clowns, die sich über den bevorstehenden Kollaps auch noch freuen - zumindest in den Kommentaren diverser Blogs kann man da gelegentlich Äußerungen finden, in denen das Ende des Kapitalismus bejubelt wird. Dabei wird das, was uns bevorsteht, kaum auf eine bessere, gerechtere Ordnung hinaus laufen. Mit weit größerer Wahrscheinlichkeit stehen uns lange Jahre erbitterter Verteilungskämpfe bevor, in denen all jene die Nase oben behalten werden, die gestern die Krise verursacht hatten, und noch heute an der Macht und gerade - erfolgreich - damit beschäftigt sind, ihre Pfründe zu verteidigen bzw. neu zu verteilen.

  1. [1] Ich hätte vor einigen Wochen viel Geld gewettet, daß ich niemals auf eine Quelle wie das Manager-Magazin verlinken würde - aber auch dort wird eine Zahl für die weltweiten Ausfälle auf dem Finanzsektor genannt, die kaum zu glauben ist: die Rede ist von vier Billionen Dollar (und die umso ernster zu nehmen ist, als sie von denen stammt, die bis vor kurzem zu den Apologeten des bestehenden Systems gehörten). - Aber selbst das ist noch harmlos untertrieben.
  2. [2] Zu diesen Zusammenhängen gibt es einen Kommentar von Sarah Wagenknecht, der es auf den Punkt bringt (bevor man mich als PDS-(oder womöglich DKP-) Sympathisanten beschimpft: ich habe mit der Dame durchaus meine Probleme. Trotzdem liegt sie in dieser Sache richtig.)