18.4.2009

Notiz - Sportschau, Spätburgunder, und der Anspruch auf Universalität

Im Fernsehen läuft gerade Berichterstattung über die Fußball-Bundesliga in der Sportschau - ich habe ein Glas Wein neben mir, und auf dem Sofa liegen Luhmanns „Soziale Systeme”, aufgeschlagen auf einer der ersten Seiten. Langsam sickert der Sinn der Sätze bei mir ein - vielleicht muß man leicht alkoholisiert und abgelenkt sein, um den Einstieg zu finden. Hinter der Fassade einer überaus einfachen, einschläfernd wirkenden Grammatik verbirgt sich eine Komplexität, die einzig in den Fachbegriffen angedeutet wird:

Anspruch auf Universalität [heißt nicht] Anspruch auf ausschließliche Richtigkeit, auf Alleingeltung und in diesem Sinne auf Notwendigkeit (Nichtkontingenz) des eigenen Ansatzes. Wollte eine universalistische Theorie diesem Irrtum der Selbsthypostasierung verfallen, und das liegt nahe, weil sie die Prinzipien, mit denen sie arbeitet, voraussetzen muß, würde sie sehr bald über Selbstreferenz eines Besseren belehrt werden. Sobald sie sich unter ihren Gegenständen wiederentdeckt, sobald sie sich selbst als Forschungsprogramm eines Teilsystems (Soziologie) eines Teilsystems (Wissenschaft) des Gesellschaftssystems analysiert, wird sie genötigt, sich selbst als kontingent zu erfahren. Notwendigkeit und Kontingenz ihres »Selbst« wird für sie dann erkennbar als Artikulationsdifferenz der Selbstreferenz.

(Niklas Luhmann. Soziale Systeme. Ff./M 1984, S.34)

(Kontingenz = lat. contingere: sich ereignen / spätlat.: Möglichkeit).

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