Letters From Iwo Jima

Regie: Clint Eastwood
Buch: Iris Yamashita
Darsteller: Ken Watanabe, Kazunari Ninomiya
Musik: Kyle Eastwood, Michal Stevens


Der Film schildert die Ereignisse der Schlacht um Iwo Jima im letzten Stadium des Pazifikkrieges, Anfang 1945, aus der Sicht der japanischen Verteidiger. Zu jenem Zeitpunkt war die Schlacht um die Marianen bereits geschlagen, bei der Japan wesentliche Teile seiner Flotte und Luftwaffe verlor. Spätestens in Iwo Jima hatte die Endphase des Krieges begonnen, in der Japan mit unglaublicher Härte gegen die feindlichen, aber auch eigenen Soldaten bis auf den letzten Mann kämpfte. Der Film zeigt eine Szene, in der eine Stellung verloren ist, und nur noch die Flucht bliebe. Statt dessen begehen die Überlebenden kollektiven Selbstmord, im Namen eines unbarmherzigen Kodex, demzufolge es keine Niederlage geben darf, bei der auch nur ein Mann überlebt. Eine barbarische Ordnung wird sichtbar, in der die Prügelstrafe gang und gäbe ist, und ein vorgesetzter Offizier einen Untergebenen notfalls mit dem Schwert richten kann, wenn er ihn für feige hält.

Trotzdem schildert Eastwood seine Protagonisten als Menschen und versucht, ihr Handeln selbst dort zu erklären, wo sich der Individualismus des westlichen Denkens einem Verständnis hartnäckig verweigert. Das einzige Kriegsverbrechen, das er zeigt, wird ausgerechnet von zwei Amerikanern begangen, die Kriegsgefangene erschießen, um von ihnen nicht bei einem möglichen Rückzug behindert zu werden. Dabei geht es dem Film nicht um irgendeine vordergründige „Political Correctness”, in der beiden Seiten gleich viel Schuld zugesprochen wird, sondern um dramaturgische Folgerichtigkeit, hinter der das damals tatsächlich Geschehene hervortreten soll.

Dies ist ein Kriegsfilm, der nicht nur eine Aufeinanderfolge von Grausamkeiten schildert, sondern sich viel Zeit nimmt, auch den Alltag und die harte Arbeit der Soldaten im Vorfeld einer Schlacht vorzuführen. Streckenweise gibt es fast schon Inseln der Ruhe - über die dann freilich das Kampfgeschehen mit umso brutaler wirkendem Lärm hinwegfegt.

Eine ganz wichtige Rolle spielt hier die Sprache: der Film ist in Japanisch gedreht und hat keine englische Tonspur. Es gibt - natürlich, wie aus einem Zwang heraus - eine deutsche Synchronisation, um die man einen großen Bogen machen sollte. An vielen Stellen muß man gar nicht wissen, welche Worte konkret gesprochen werden (man erfährt das mit den Untertiteln natürlich trotzdem), weil in der Art des Sprechens bereits alle Informationen enthalten sind. Wenn ein Vorgesetzter einen Untergebenen fertig macht, hat dieses Gebrüll in japanischer Sprache mit ihren zahllosen einsilbigen Worten einen völlig anderen Klang - und wirkt dadurch natürlich auch ganz anders -, als dies jede Übersetzung bieten könnte. Die Rede schließlich, mit der der Oberbefehlshaber seine Männer auf die bevorstehende Schlacht einstimmen möchte, ist ein ganz eigener Gesang, in dem geflüsterte und geschriene Silben in einer Art und Weise miteinander verzahnt sind, wie das nur in der Originalsprache möglich ist.

Ich kenne zahlreiche Kriegsfilme, die mehr oder weniger plausibel machen, wie Menschen funktionieren, wenn es um Leben oder Tod geht. „Letters From Iwo Jima” gehört definitiv in dieselbe Liga wie Kubriks „Full Metal Jacket” oder Coppolas „Apocalypse Now” - und ist diesen Filmen sogar insofern überlegen, als es ihm gelingt, die asiatische Sicht der Dinge so darzustellen, daß sie für einen Westler nachvollziehbar wird.