16.12.2008

Musikproduktion am Computer (9)

(Themenanfang)

Sounds aus dem Synthesizer sind immer nur so gut wie der, der sie spielt. Man kann zwar Klänge bauen, die in sich unglaublich reich und komplex sind und allein dadurch zum Leben zu kommen scheinen, daß sie von LFO's oder VCF's (siehe das Glossar im Eintrag weiter unten) auf vielen Ebenen moduliert werden - letztlich merkt man einem Klang, der über längere Zeit nur statisch steht, rasch an, daß er von einer Maschine produziert wird; und ein Solosynth kann noch so sehr mit dem Schmutz und der Wildheit einer verzerrten Gitarre prahlen, wenn man ihm letztlich die festgenagelten Tonhöhen einer Klaviertastatur anhört.

Es gibt eine ganze Reihe von Spielhilfen, mit denen man während des Spiels auf die Sounds Einfluß nehmen kann. Zunächst gibt es das allbekannte Pitchwheel, mit dessen Hilfe man stufenlos an der Tonhöhe drehen kann. Wenn man das richtig macht, kann man Streicherglissandi oder das Ziehen an einer Gitarrensaite so nachmachen, daß der Zuhörer als letztes darauf tippen würde, es mit einem Tasteninstrument zu tun zu haben (wobei der Effekt heute natürlich jedem bekannt ist). Dabei geht es gar nicht darum, den Hörer zu täuschen, sondern Spieltechniken nachzubilden, die einen bestimmten Ausdruckscharakter haben.

Daneben kann man eine ganze Serie von Spielhilfen nutzen, mit denen der Spieler auf die Klangerzeuger letztlich ebenso Einfluß nimmt, wie dies die Operatoren tun: sie können als Eingang jedes nur denkbaren Moduls dienen und LFO, VCA, VCF etc. ersetzen oder ergänzen. - Zunächst wäre dies - als zweiter Drehregler meist neben dem Pitchbend montiert - das Modulationsrad, mit dem man den Lautstärkeverlauf oder Filter verändern kann (als manuell gesteuertes Vibrato oder Modulation), aber prinzipiell auch jedes andere Modul.

Eine andere Spielhilfe ist Aftertouch: das Drücken auf die Tasten, während man einen Ton oder Akkord hält. Normalerweise steuert man damit einen Controller, der auf das gesamte Keyboard wirkt - es gibt aber mit dem sog. polyphonen Aftertouch auch eine Variante, mit der man jeden einzelnen Ton unterschiedlich modulieren kann (wenn man sich den Soundtrack vom Blade Runner ins Gedächtnis ruft: die Sounds von Vangelis sind ohne dieses Feature undenkbar - und weil es nur sehr selten implementiert wurde, sind sie direkt mit dem Yamaha CS-80 assoziiert).

Darüber hinaus gibt es alle möglichen anderen Varianten, ob das nun Breath- oder Ribbon-Controller sind, oder ob man ganz andere Instrumente (Gitarre, Blasinstrumente - im YouTube-Video weiter unten spielt der - viel zu früh verstorbene - Michael Brecker das Akai-EWI) als Vorbild nimmt, um MIDI-Controller zu bauen, die vom Plektrum oder dem Mund betrieben werden - es ist müßig, das im einzelnen aufzuzählen.

Festzuhalten bliebe, daß es ständig neue Versuche gab und gibt, die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine neu zu definieren, um dem Musiker Möglichkeiten zu geben, in Echtzeit Einfluß auf den Klang zu nehmen. Letztlich unterscheiden sich Synthesizer in dieser Hinsicht nur wenig von den "klassischen" Instrumenten: um wirklich gut zu klingen, braucht es einen Virtuosen, der sie spielt.

(Um einem kommenden Blogeintrag vorzugreifen: nicht jeder Cellist spielt wie Mischa Maisky - und selbst wenn ich seine Telefonnummer wüßte, wäre es mir kaum möglich, ihn dazu zu bewegen, mal in der Semperstraße vorbeizukommen und ein paar Takes einzuspielen.)

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