13.12.2008

Tori Amos - From The Choirgirl Hotel

Nachdem ich Little Earthquakes wieder und wieder gehört habe, bin ich auch durch (nahezu) alle anderen Alben von Tori Amos gegangen - immer wieder überrascht von völlig unkonventionellen Ideen, und wirklich begeistert vom Gesang - aber nie derart überzeugt wie vom Erstling. Das hat sich mit "From The Choirgirl Hotel" jetzt geändert.

Die Stimme allein ist es wert, die Songs immer wieder durchzuhören: die Virtuosität und frappierende Sicherheit der Intonation fällt da noch am wenigsten ins Gewicht (da mußte - den Live-Aufnahmen zufolge - im Studio nicht nachträglich gebastelt werden). Die Unzahl der Farben zwischen fast gesprochenen, gehauchten, oder glasklar gesungenen Tönen; die gestalterische Intelligenz, in mit der auch das Ein- und Ausatmen in die Gesangslinien hinein genommen und rhythmisch "richtig" platziert wird - das ist in dieser Form ohne Vorbild.

Die zwölf Songs des Albums unterscheiden sich komplett voneinander; es gibt letztlich kein Stilmittel, das allen gemeinsam zugrunde liegt - außer dem Willen vielleicht, sich auf keinen Fall zu wiederholen. Sie reichen von Computerbeats, die mit brachialem Einsatz von Kompressoren derart laut und dicht wirken, daß man zum Lautstärkeregler greifen will ("Rasberry Swirl"), bis zum Besen des Schlagzeugs begleiteten Jazzrhythmen ("Playboy Mommy)"; vom simplen Hiphop-Groove, der mir die Zähne aus dem Gesicht zieht, bis zum rhythmischen Verladebahnhof, bei dem man erst nach mehrmaligem Hinhören mitbekommt, daß der letzte Takt in einer viertaktigen Gruppe im Drei-Viertel-"Walzer" ein Viertel zu viel hat ("Spark"); von fast stehenden Arpeggien von der Celesta bis hin zu wild bewegt aufbrausendem Schlagzeuggewitter (wobei diese Kontraste in ein und demselben Stück - "Black-Dove" - versammelt sind); von ganz eigenartigen Soundexperimenten, in denen die gesamte Band in die rechte Hälfte des Raumes gesetzt wird, und auf der linken Seite ausschließlich Echo- und Halleffekte zu hören sind ("Liquid Diamonds"), bis hin zu ruhigen Nummern mit ebenso wunderschön wie unkonventionell eingesetzten Streichern ("Jackie's Strenght"); usf.

Neben den "Earthquakes" halte ich dies für Tori Amos bestes Album. Dabei gefällt mir keineswegs jeder Song in gleicher Weise - ich habe aber selbst bei dem überlauten und an Techno gemahnendem "Rhaspberry Swirl" keine Sekunde im Kopf, das jetzt mit der Fernbedienung zu überspringen - sonst nämlich würde am Kontrast zu einer Ballade wie "Northern Lad" (die mir wirklich die Tränen in die Augen treibt) etwas entscheidendes verloren gehen. Tatsächlich bildet das Album eine echte Einheit - einen dramaturgisch bewußt inszenierten Verlauf, in dem man nichts umstellen oder gar wegnehmen kann.

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