9.11.2008

Jedermann-Supermoto (2)

Das war der zweite Tag, und ich bin, wie erwartet, eigentlich zu geschafft, um hier noch einen längeren Bericht abzugeben - ganz ohne Kommentar über die Veranstaltung geht es aber doch nicht.

Ich hatte mich in die schnelle Gruppe eingeordnet - und fand mich sofort in einem wüsten Zwölferhaufen wieder, in dem man auf Teufel heraus testen wollte, wer das längste Messer zwischen der Zähnen hat. Schon in den ersten beiden Runden haben sich drei Mann hingelegt - was überhaupt kein Wunder ist, wenn man mit kalten Reifen sofort ans persönliche Limit will. Lothar hat die Runde kurz gestoppt, und um Bedachtsamkeit gebeten. Geändert hat das natürlich nicht die Bohne, da wurde mit quietschenden Reifen um jeden Meter gekämpft, während ich noch damit beschäftigt war, Brems- und Gaszug eines neuen Mopeds kennen zu lernen.

Im zweiten Turn hatte ich nach zwei Runden genug. Das Moped hatte eine sehr hohe Leerlaufdrehzahl, und ich mußte aus den Kehren mit schleifender Kupplung beschleunigen (was weder der Kupplung gut tut, noch dem flüssigen Fahren dient). Ich kam also überhaupt nicht klar - und in einer Meute von Halbverrückten, die am liebsten dort zu überholen versuchten, wo das gar nicht geht, erst recht nicht. Ich habe das Moped abgestellt und gebeten, in der langsamen Gruppe weiterzufahren (was auch kein Problem war).

Dort war es dann natürlich schwierig, eine Runde im eigenen Tempo zu fahren, ohne sofort im Verkehr stecken zu bleiben. Das sah dann zeitweise so aus, daß der langsamste Fahrer einen ganzen Pulk hinter sich herzog, in dem sich alle gegenseitig bedrängten, und es perfekt unmöglich machten, daß überhaupt jemand überholen konnte. Ich habe mich irgendwann an den Rand gestellt, und gewartet, daß der Pulk möglichst weit wegzieht, um freie Bahn zu bekommen - mit dem Resultat, daß das Streckenpersonal vermutete, ich sei liegen geblieben und die gelben Flaggen zeigte (ich habe nach dem Turn erklärt, was los war, und danach war klar, warum ich gelegentlich stehen bleibe - anscheinend bin ich aber der allererste, der auf die Idee gekommen ist, sich durch eine kurze Pause freie Fahrt zu verschaffen, statt durch sinnlos-vergebliche Überholversuche).

Das war aber immer noch besser, als sich in der "schnellen" Gruppe unter Druck setzen zu lassen - die Tüddelchen deshalb, weil dort zwar auf allerletzter Rille immer kurz vor dem Sturz gefahren wurde, aber ohne daß dies besonders schnell war. Die Typen dachten, sie seien mit ihren wegrutschenden Hinterreifen und mit vier bellenden Gasstößen in ebenso viel Teilstücken gefahrenen Kurven die Allergrößten, bloß weil einmal mehr ein riskantes Überholmanöver ohne Sturz gelungen war.

Das wurde auch nach Lothars Theorieunterricht nicht besser: statt zu versuchen, die Tricks mal auszuprobieren, ging das ohne Verstand immer so weiter - wobei auch in der langsamen und mittleren Gruppe kaum jemand auf die Idee kam, die vorgeschlagenen Linien wenigstens ernsthaft auszuprobieren[1]. - Irgendwie habe ich mich unter all den Fahrern richtig einsam gefühlt.

Sorry, das ist persönlicher Ärger, und diesen polemischen Stil wollte ich im Blog eigentlich vermeiden. Aber das mußte sich Luft verschaffen - zumal es nicht das erste Mal ist, daß mir dieser Kamikaze-Stil begegnet.

Mich ärgern diese Pseudo-Racer besonders deshalb, weil sie all jene, die etwas anderes im Sinn haben, unweigerlich dominieren. Jemand, der seinen Spaß daran findet, seinen Fahrstil behutsam zu verbessern, wird resigniert nach Hause gehen, wenn er den Tag über ständig in Bedrängnis geriet. Das Resultat ist dann, daß die Heizer immer wiederkommen - und all jene, die eigentlich den Kern der Szene bilden könnten, sich enttäuscht abwenden. Fragt noch jemand, warum zu diesen Veranstaltungen so wenig Frauen kommen[2]?

  1. [1] Man wird wirklich übel schnell, wenn man nach Start&Ziel die Bistrokurve eben nicht brav von außen anbremst, und sich hinterher ärgert, daß die sich zum Kurvenausgang zuzieht, sondern in sie hineinsticht, in der Schräglage sehr weit herunterbremst, und das Moped halb im Stehen in den Kurvenausgang hineindreht. Klar: das klappt nicht sofort, und ich habe es nicht ein einziges Mal auch nur annähernd so hinbekommen, wie Lothar das vorgeführt hat. Aber ich wäre doch der letzte Dummie, wenn ich das nicht versuchen würde, und zwar immer wieder, und nicht auf der letzten Bremse mit ausbrechendem Hinterrad, sondern im Versuch, das zu kontrollieren.
  2. [2] Nach dem letzten Turn habe ich mitbekommen, wie eine der drei Teilnehmerinnen einen Typen ganz heftig zur Sau gemacht hat, weil der ihr den ganzen Tag über klar zu machen versucht habe, sie - als Frau - habe auf der Rennstrecke nichts zu suchen (ich habe genauer hingehört, weil ich sie kurz zuvor reichlich ungenau ausgebremst hatte, und befürchtete, eigentlich sei ich gemeint - was sie aber nur beiläufig zur Kenntnis genommen hatte. Da muß es zuvor schon etwas heftiger zur Sache gegangen sein).
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