26.9.2008

Carl Zuckmayer - Geheimreport

In den Jahren 1943/44 hat Carl Zuckmayer für den amerikanischen OSS - einem Vorläufer des CIA [1] - gearbeitet, und eine Serie von Porträts von Künstlern geschrieben, die nicht emigriert, sondern im Nazi-Deutschland zurück geblieben waren. Sinn war es, Vorsorge für die Nachkriegszeit zu betreiben: wer gehörte zum Widerstand, wer war Mitläufer, gar überzeugter Parteigänger - welche Persönlichkeiten könnten eine wichtige Rolle beim Wiederaufbau Deutschlands spielen, und vor wem hätte man sich in acht zu nehmen?

Man findet hier alle bekannten Namen - Gründgens, Rühman, Albers, Kästner, usw., es sind etwa 150 Porträts. Ein Name fällt, dessen wegen ich das Buch unbedingt kaufen mußte: Wilhelm Furtwängler. Aber dazu später mehr.

Zuckmayer erklärt in einer Art Vorwort den Amerikanern die spezielle Rolle, die der Künstler in Deutschland spielt:

Mehr als anderswo in der Welt war in Deutschland die Auffassung daheim, dass der Künstler eine geringere gesellschaftliche Verantwortung trage als andere Menschen, ja dass er sozusagen ausserhalb der politischen, sozialen und ökonomischen Ordnung ein Eigenleben führe, dessen Boden und Firmament eben die überzeitliche Welt der Künste sei, die Ewigkeit, das Universum, ein Traumreich, das nicht einmal einer religiösen Autorität, nur der vom Künstler selbst erfühlten Gottheit, unterstehe.

Es folgt ein Schiller-Zitat:

Wo warst du denn, als man die Welt getheilet?
"Ich war", sprach der Poet, "bey dir".

  1. [1] Die CIA wurde allerdings erst 1947 gegründet, mit Beginn des Kalten Krieges, im Amerika des Joseph McCarthy. Die OOC hingegen verbindet sich mit Roosevelts New Deal, und einem Amerika, das als Bollwerk gegen den Faschismus zutiefst glaubwürdig war.
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