30.7.2008

Über Rhythmik (2)

(Themenanfang)

Musikalischer Puls wird am einfachsten erlebbar in all jenen Formen der Popmusik, in denen er von einem Schlaginstrument tatsächlich auch permanent gespielt wird (beispielsweise – meist – von der HiHat). Die gewissermaßen reinste Form findet man in jenen Stilen, die vom Computer generierte Beats benutzen (Techno, Rap – letztlich jede Popmusik seit Anfang der 90er Jahre). Hier ist der Puls nicht nur allgegenwärtig hörbar, sondern durch den Computer in völlig gleichförmige Abstände geordnet. – Ich rede hier vom „objektiven” Puls, weil die Zeitscheiben, die er vorgibt, gemessen werden können. Die Metapher des schlagenden Herzens greift hier nicht recht; jene der tickenden Uhr paßt besser.

In jenem Moment, in dem das Schlagzeug von einem Menschen gespielt wird, beginnt der Puls zu „schwimmen”. Selbst dann, wenn eine durchgeschlagene HiHat permanent hörbar bleibt, sind die Abstände zwischen ihren Achteln oder Sechzehnteln ungenau, sobald man sie objektiv vermißt. Für den Hörer macht dies zunächst kaum einen Unterschied: ein Schlagzeugcomputer ist für ihn gewöhnlich ununterscheidbar von der Performance eines professionellen Studio-Schlagzeugers. Spätestens, wenn man einen Anfänger auf dem Instrument hört, wird die Differenz jedoch deutlich. Das schwankende Tempo und den eiernden Puls nimmt auch ein eher ungeübter Hörer wahr, und beginnt im Zweifelsfall damit, sich grinsend die Ohren zuzuhalten. Der Witz ist hier jedoch, daß, aller Ungenauigkeiten zu Trotz, der Puls dennoch wahrnehmbar bleibt.

Das menschliche Ohr ist kein Scanner, der objektiv Bits zu Bytes kombiniert, und meßbare Ergebnisse liefert; statt dessen ist es ein Zuträger für das Gehirn, welches selbst zunächst ein hochwirksamer Filter ist: nur das wird durchgelassen, was gewußt und bekannt ist. – Ein an den Popgrooves unserer Tage geschultes Ohr erkennt diese selbst dann, wenn sie in verstümmelter Gestalt ankommen, etwa beim Auftritt einer Schülerband: es hört die Dinge zurecht.

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