5.6.2008

Werkstattermin

Die Guzzi ist zurück aus der Werkstatt, und es scheint, Carstens hat die Ursache für den ruckelnden Motor gefunden . Sie haben poröse Gummidichtungen irgendwo in der Luftansaugung(?) ersetzt, und das wars wohl wirklich. - Es ist echter Nervenkram, wenn der Motor plötzlich für einen Moment zuckt, womöglich genau dann, wenn man gerade abgewinkelt hat und mit Stützgas die Schräglage stabilisieren will. Jetzt ist das erstmal weg, und ich traue dem Moped wieder über den Weg.

Das Ölleck ist nicht am Kardan, sondern am Getriebe - wenn es denn wirklich eine kritisch undichte Stelle ist. Das wurde erstmal sauber gemacht und unter Beobachtung gestellt - nach den ersten 150km ist jedenfalls noch nichts zu sehen. Falls das doch noch zu einem echten Problem wird, wird es richtig teuer - dann müßte nämlich der komplette Motor zerlegt werden.

Die Geschichte, daß der Motor auf offener Strecke einfach ausgeht, und erst nach einer fünfminütigen Auszeit wieder angelassen werden kann, war Ralf[1] nicht neu. Jedenfalls konnte er aus dem Stand drei Ursachen aufzählen, die bei anderen Guzzis eben dasselbe Phänomen ausgelöst hatten. Ich habe ein paar Anweisungen für den Fall bekommen, wenn das nochmal passiert - ich bin aber schon beruhigt, daß das kein geheimnisvolles und unerklärbares Rätsel ist.

Die Rechnung war im erwarteten Rahmen - wobei den Löwenanteil der Stundensatz verschlingt. Ach, könnte ich sowas doch selber machen... Carstens das zu überlassen, scheint mir aber mittlerweile eine gute Idee zu sein. Die Werkstatt macht einen guten Job, und man ist sehr darum bemüht, seine Kundschaft zum Wiederkommen zu bewegen. Bei mir scheint das jedenfalls zu klappen.

Meistens braucht die Werkstatt ja einen kalten Motor, und den bekommt sie nur, wenn der Patient über Nacht bleibt - und nachhause geschickt wird man dann auf einem aktuellen Vorführerfahrzeug. Diesmal wurde mir eine Moto Guzzi "Norge" - well, aufgenötigt ist ein zu hartes Wort, trifft es aber schon. Das Teil ist ein Dickschiff knapp unter BMW RS, ziemlich deutlich (aber immer noch damit verwandt) unter der Goldwing. Für mich ist das schon fast ein Chopper, sprich, ein Moped, auf dem man nicht fährt, sondern über das man sich lustig macht. - Umso überraschter war ich, wie leichtfüßig sich dieses Monster dirigieren läßt. Das ist natürlich kein Supersportler, aber man kann mit relativ wenig Kraft in die Kurve abwinkeln - wobei die Schräglagenfreiheit recht eingeschränkt ist, und zwar ausgerechnet durch einen aufsetzenden Hauptständer (im Gegensatz zu den Fußrasten ist der starr und gibt nicht nach - mit anderen Worten: man kann das Moped ohne Verzug damit aushebeln). Der Motor ist weit entfernt von jenem meiner V11 und eigentlich nur zwischen 5.100 und 5.300 Umdrehungen zu gebrauchen. Auf der Autobahn nimmt die Frontscheibe den Luftwiderstand derart effektiv zurück, daß die Lüftung des Helms nicht mehr funktioniert; außerdem läßt jeder Windstoß die Maschine - träge, beherrschbar - pendeln. - Mit anderen Worten: ich wundere mit nicht sonderlich, daß man die "Norge" auf Deutschlands Straßen nie zu Gesicht bekommt. Trotzdem finde ich ihr Konzept nicht mehr ganz so doof wie noch vor zwei Tagen.

Aber zurück zu meiner "Elfe": ich bin einmal mehr hin und her gerissen. Wenn die Diva ihre Zicken vergißt und einfach nur rund läuft, ist sie ein Traum. Ihr Fahrwerk ist Klasse - es bietet Feedback und Ansprache, wie man es von einem Sportler erwartet. Sie hat tolle Bremsen und eine Sitzhaltung genau in der Mitte zwischen entspannt und fahraktiv. Schließlich hat sie - und das ist eigentlich das Zentrum der ganzen Debatte - einen Motor, der lebt. Bei meiner ZX6 kommt der Sound aus der Auspuffanlage - bei der Guzzi ist es der Motor selber, der mit dem Rasseln der Trockenkupplung und dem Klappern der Ventile darauf hinweist, daß man es nicht mit einem Planspiel, sondern mit gelebter Wirklichkeit zu tun hat.

Und schon habe ich den ganzen negativen Kram schlicht vergessen. Es ist doch erfreulich, wenn der Selbstbetrug einem derart einfach gemacht wird, wie in diesem Fall.

  1. [1] Ralf ist der Leiter der Werkstatt - ein Foto findet sich ganz unten links auf Carstens Startseite, leider nicht direkt verlinkbar.
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