20.5.2008

Menschennatur (4)

(Themenanfang)

Der Erfahrung jedes Menschen von prinzipieller Einsamkeit kann man drei Aspekte entgegenstellen: die unumgängliche Einbindung jedes Individuums in Gesellschaft; die gleichsam universelle Einsicht eines alles Dasein zugrunde liegenden Kerns; und den Hinweis auf die historische Verwurzelung des Begriffs vom Individuum.

Mit dem letzten Punkt beginnend, muß man vor Augen haben, daß individuelle Selbstbeschau ein Phänomen jüngeren Datums ist. Das Mittelalter kannte letztlich kein "Ich", das einem Ozean aus "Du" gegenübergestellt wäre - die Menschen sprachen immer über das "Wir" der christlichen Gemeinschaft, in der jeder einen festen, gottbestimmten Platz hatte, an dem nicht zu rütteln war. Unser heutiges Konzept von Gesellschaft, in dem sich der Einzelne in stetigem Kampf um Akzeptanz befindet, existierte noch nicht. Es gab einen starren Rahmen, in dem Auf- oder Abstieg nicht vorgesehen waren. Das Leiden an Gesellschaft, dem sich letztlich das Individuum verdankt, gab es nicht, weil keine Alternative zur eigenen Rolle im gesellschaftlichen Kontext denkbar war.[1]

Der erste Punkt spricht die schlichte Feststellung aus, daß man als Einsiedler nur ausnahmsweise überlebt. Dabei sind wir nicht nur auf Familie, Nachbarschaft, unser Land oder die ganze Welt angewiesen: jeder ist gleichzeitig seinerseits ein Teil von Gesellschaft und produziert - in welcher Weise auch immer - mit an jenem Kit, der sie zusammenhält. - Dabei frage ich mich, warum ich mich genötigt fühle, derartig triviales Zeug explizit auszusprechen (und verlinke vorsichtshalber auf meinen Versuch über Mode).

Schließlich zum mittleren Teil meiner Aspektesammlung.

  1. [1] Bevor hier automatisch generierter Einspruch einschlägt: der Absatz beschreibt Tendenzen, und will kein schwarz-weiß-Gemälde sein. Ich versuche gerade, einen Rahmen aufzuziehen, in den dann auch Bilder in höherer Farbauflösung passen, ohne jedoch nur mit ihrer Farbigkeit prahlen zu können.
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