28.1.2008

Motorrad für Autofahrer

Wenn ich momentan zur Arbeit fahre, bin ich morgens wie abends komplett allein auf den Straßen. Entsprechend oft werde ich übersehen. Deshalb starte ich hier eine Aufklärungskampagne für den geneigten vierrädrigen Straßenverkehrs-Mitteilnehmer. Dabei versuche ich, halbwegs sachlich zu bleiben: bis vor 1 1/2 Jahren war ich selber ausschließlich mit dem Auto unterwegs und weiß noch, was ich vom Motorradfahren alles nicht wußte...

Motorrad für Autofahrer (#1)

  • Ein Motorrad - das gilt übrigens auch fürs Fahrrad - ist schrecklich leicht zu übersehen. Es ist so schmal, daß es sich hinter einer Fensterstrebe "verstecken" kann. Wenn man (man = Autofahrer) aus einer Seitenstraße kommt und die Vorfahrt beoachten muß, macht es Sinn, nicht bloß mit einem schnellen Blick nach einer Panzerkolone Ausschau zu halten.
    Ich fahre schon - wie jeder halbwegs ums eigene Überleben besorgte Biker - unter der Annahme, daß ich unsichtbar bin. Trotzdem....
  • Motorräder haben nur selten ABS, von anderen elektronischen Hilfsmitteln ganz abgesehen. Bremsen ist eine Kunst für sich, einfach in die Eisen gehen, und das Fahrzeug kommt irgendwie um Stehen - quietschend, notfalls schleudernd, jedenfalls immer mit einer Knautschzone um den Körper -: das gibt es hier nicht.
    "Quietschender Reifen" = blockierter Reifen = Sturz. Schleudern geht demnach gar nicht. Ein Sturz (gesetzt, man trägt entsprechende Kleidung) ist eigentlich gar nicht schlimm - sofern man auf der Rennstrecke unterwegs ist und nicht in den Gegenverkehr rutschen kann.
  • In der Kurve legt sich ein Bike nicht deshalb so schön schräg, weil der Fahrer den Zuschauern eine Show bieten will: das ist Sache der Physik, das geht nicht anders. Ein Motorrad in maximaler Schräglage ist nahezu ebenso breit wie ein Auto - und diese Breite kann ich nicht einfach wegzaubern. Wenn ich also in einer Kurve einem Auto begegne, das die Kurve schneidet - und das dann nicht etwa schlechten Gewissens in die Bremsen geht und auf die eigene Fahrbahnseite zurückschwenkt, sondern annimmt: ach! das schmale Mopped! - dann hab ich die Wahl, mit dem Kopf ins Auto zu knallen, oder die Maschine aufzurichten und den kompletten Körper in den nächsten Baum. - Das ist eine Variante der "blockierenden Bremse in den Gegenverkehr".
  • Meine Rennmaschine (ZX6) braucht 3,1sec von 0-100km/h - das bedeutet aber keinesfalls, daß ich mich jederzeit und auf jedem Bike (auf dem Weg zur Arbeit mit einer Enduro, einer XT) mit einem Golf damit messen will, wer schneller um die Kurve kommt. Nässe und niedrige Temperaturen reduzieren den Handlungsspielraum auf dem Mopped drastisch. Wenn man ein Auto bei Schnee und Eis noch halbwegs bewegen kann, geht auf dem Motorrad nichts mehr!
  • Mir scheint, es gibt eine ganze Szene von Autofahrern, die vor der Ampel die Kupplung schleifen lassen und sich mit 0,5km/H an das nächste Hindernis heranschleichen. Bitte, bitte! - ändert dieses Verhalten! Mir geht es da überhaupt nicht um Zackzack und Schnelligkeit: auf dem Motorrad sind solche Geschwindigkeiten schlicht nicht machbar, ein Zweirad fiele dabei einfach um. Ich muß dann anhalten, kurz Gas geben, anhalten, kurz Gas geben... etc., dabei würde ich so gerne die Hand(!) von der Kupplung nehmen und mich kurz vom Langsamfahr-Kippelbetrieb entspannen (auf dem Motorrad schnell kann jeder - der Könner fährt entspannt langsam, und ich bin da mittlerweile gar nicht so schlecht. Aber Abend = nach Hause = müde...).

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