10.1.2015

Klaus Stuttmann - Lügenpresse

Stefan Niggemeier (mit ihm Frank Luebberding) haben in ihrer Analyse völlig recht: die deutsche Presse verliert jeden Verstand, wenn sie eine Stuttmann-Karikatur mißbraucht, um einen Zusammenhang zwischen Charlie Hebdo und der Kritik an der sog. „Lügenpresse“ herzustellen.

Die Karikatur ist jedoch genial – und zwar deshalb, weil ihr wohl niemand zustimmen kann, unabhängig vom politischen Lager.

Wenn man die Karikatur analysieren will, macht der Versuch, eine genuine „Aussage“ heraus zu schälen, keinen Sinn. Kunst – und Stuttmann ist zweifellos ein Künstler – macht keine „Aussagen“, sondern schafft Werke, an denen sich die Betrachter dann reiben. Insofern ist es müßig, sich an einer Interpretation der Zeichnung zu versuchen; interessanter ist die Beobachtung, wer sich hier warum in seiner Ruhe gestört findet.

  • Die Pegida-Mitläufer sind die ersten, die sich hier empören müßten. Besonders sie trifft es, wenn man ihre Parolen mit den Taten der Charlie-Webdo-Mörder in Beziehung setzt (und ich vermute, daß eine scharfe Kritik an Pegida Stuttmanns ursprünglicher Beweggrund war).
  • Wenn die Charlie-Mörder Islamisten waren: die Karikatur ist geradezu vernichtend für ihre Motive: sie erscheinen als dummdreiste Trottel, die auch bloß Verschwörungstheorien („Lügenpresse“) im Kopf haben, und nicht etwa etwas wie den „einzig richtigen Glauben“.
  • Für die Zeitungsverleger scheint Stuttmanns Karikatur wie eine Einladung, aus dem Themengeflecht „Terror“, „Karikatur/Kunst“, „Pressefreiheit“, und Pergidas „Lügenpresse“ eine Kampagne zu bauen, um den eigenen Standpunkt zu untermauern. Das jedoch geht schief, und zwar schon beim ersten leise zweifelnden Hinsehen.
  • Stefan Niggemeier hält die Zeichnung für „infam“. Er verwechselt, wohl in einem ersten Gestus der Betroffenheit, das Kunstwerk mit seiner Verwendung in einem Kontext – was er in den Kommentaren auch zugibt. Etwas besseres, als einen kritischen Zeitgeist wie Niggemeier aufs Glatteis zu führen, kann einem Karikaturisten kaum gelingen.
  • Cudos an Klaus Stuttmann.

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