22.4.2014

Notiz: Meinungsmache

[…]

Er [der Rechtsanwalt, laut im „Spiegel“ dargelegten Sachverhalt] ließ zwei Büromitarbeiter für einen extrem niedrigen Stundensatz in seiner Kanzlei für sich arbeiten, verdiente sich damit möglicherweise selbst eine goldene Nase, während die beiden Beschäftigten ihr mickriges Einkommen beim Jobcenter aufstockten. Anhand dieser Informationen, welche für sich gesehen auch erst einmal korrekt sind, war mein Urteil schnell gefällt. Hier nutzt ein Arbeitgeber den Druck auf Arbeitslose durch das Repressionsregime Hartz-IV aus, um seinen eigenen Nutzen zu mehren.

[…]

Das Gesamtbild beginnt sich zu entwirren, wenn man die Aktivitäten des Rechtsanwalts in die Betrachtungen einbezieht. Eher durch einen Zufall in den Bereich des Sozialrechts hineingeraten, nahm die Zahl der Hartz-IV-Rechtsfälle seiner Kanzlei kontinuierlich zu. Die konsequente Vertretung der Interessen von Sozialleistungsberechtigten gegen die Jobcenter sprach sich unter den Betroffenen bald herum, sodass inzwischen 90 Prozent seiner Anwaltstätigkeit Sozialleistungsstreitigkeiten umfassen. Wenngleich diese Fälle für ihn auch wenig lukrativ sind. Inzwischen beklagt sich gar der stellvertretende Geschäftsführer des Jobcenters Oberspreewald-Lausitz über die erhebliche Zunahme der Widersprüche und macht hierfür in erster Linie den umtriebigen Rechtsanwalt verantwortlich. […]

So erscheint es auch nicht besonders zufällig, dass das besagte Jobcenter nun ausgerechnet gegen diesen Rechtsanwalt das Arbeitsgericht wegen des Vorwurfs der ausbeuterischen Beschäftigung bemühte. Hatte dieser doch in den vergangenen Jahren vielfach für „Unannehmlichkeiten“ beim Jobcenter gesorgt. Der Rechtsanwalt hingegen hat mit seinem Handeln die beiden Büromitarbeiter – auf deren eigenen ausdrücklichen Wunsch – vor weiteren „Qualifizierungen“ und darüber hinaus auch Niedrigstlohn-“Angeboten“ […] des Jobcenters bewahrt.

[…]

(Lutz Hausstein auf den NachDenkSeiten)

Ich wehre mich ja schon länger gegen die Theorie, daß „die” Massenmedien zentral gesteuert Kampagnen fahren. Wenn man den Text von Hausstein liest, kann man da jedoch durchaus ins Grübeln geraten.

Ich halte daran fest: es gibt nicht „die” Presse, und mE. auch keine gezielte Absprache über die „Tendenz” jener Texte, die in den Zeitungen des nächsten Tages erscheinen. Es ist viel subtiler: in bestimmten Kreisen sitzt man einem ideologischen Verblendungszusammenhang auf, der es systematisch in die Leitartikel der großen Zeitungen schafft.

Noch subtiler – und damit umso heftiger in der Wirkung – ist indes die Vorstellung, daß man selbst von solchen Verblendungen frei sei.

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