25.2.2013

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In der Erzählung über die Euro-Krise taucht, auf der obenliegenden Schicht, stets das Wort von der „Staatsschuldenkrise“ auf. Dabei handelt es sich hier um ein Fiasko, das keinesfalls durch überbordende staatliche Ausgaben ausgelöst wurde, sondern durch die ungeheuren Beträge, die in die „Rettung der Banken“ geflossen sind. Aber auch das ist wieder nur eine weitere Schicht über einem ideologischen Konstrukt, das wie ein wieder und wieder neu übermaltes Gemälde wirkt: nicht die Banken wurden gerettet, sondern deren Gläubiger.

Würde eine Bank Pleite gehen, wäre dies allenfalls mit dem Wegfall einer überschaubaren Anzahl Arbeitsplätze verbunden. Indem man ihren Zusammenbruch als „systemisches“ Risiko verklärt, versteckt man, worum es eigentlich geht: das Geld, das sie ihren Kunden schuldet.

Dabei geht es nicht um die Einlagen der privaten Sparer (diese könnte man ohne größeren Aufwand auch nach einer Pleite bedienen, sofern der Gesetzgeber entsprechende Regularien durchsetzt): es geht um die richtig großen Vermögen.

Der Artikel von Harald Schuhmann im Tagesspiegel ist lang, aber sehr lesenswert:

[…]

Kritiker im deutschen Bundestag empören sich zwar, dass ihre Wähler nun auch für Spaniens Bankschulden in Haftung gehen müssen. Doch merkwürdig: Keiner fragt, bei wem die iberischen Banker ihre vielen Schulden eigentlich haben. Nur das Fachblatt „International Financial Review“ schreibt Klartext und betitelt einen Bericht über die Außenstände deutscher Banken bei spanischen Geldhäusern von 40 Milliarden Euro so: „Spanish bailout saves German pain“.

[…]

Einen verwandten Ausflug hinter den durch eine fast schwarz gefärbte Brille getrübten ideologischen Blick gibt Dieter Wermuth:

Man muss sich nur einmal vor Augen halten, wie groß der jährliche Verlust an potenziellem Wohlstand ist. Er entsteht dadurch, dass die Kapazitäten am Arbeitsmarkt und in der Produktion nicht voll ausgelastet sind […]. Die sogenannte Outputlücke beträgt zurzeit rund 10 Prozent. Und das entspricht einer Unterauslastung von 950 Milliarden Euro.

Letztlich geht es um eine ganz einfache Gleichung: die Summe aller Schulden und Guthaben ist – weltweit – null. Wenn jemand Schulden hat, hat jemand anderes genau denselben Betrag als Guthaben. (Um diesen Zusammenhang zu sehen, muß man zB. die Abrechnung der Nebenkosten für seine Wohnung nicht nur akzeptiert, sondern auch verstanden haben – es ist ganz erstaunlich, welch kluge Köpfe in meinem persönlichen Umfeld an dieser Zumutung scheitern.)

Wenn man diese Gleichung im Kopf behält, ist es mE. leicht, die Texte von Schuhmann und Wermuth nicht nur zu verstehen, sondern auch die Verbindung zwischen ihnen zu sehen.


[Nachtrag:] Harald Schuhmann im Interview im Deutschlandfunk.


[Nachtrag 2:] Harald Schuhmanns Beitrag bei Arte:

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