Arnold Schönberg - Gurrelieder, Vorspiel

(Riccardo Chailly, Deutsches Symphonie-Orchester.)

Im Orchestervorspiel zu den Gurreliedern zeigt sich recht deutlich, was die (Spät-)Romantik mit ihren riesigen Orchesterapparaten regelmäßig im Sinn hatte: nicht etwa eine Überwältigung der Hörerschaft mit großer Lautstärke durch schiere Massierung des Apparats auf der Bühne, sondern höchste Ausdifferenzierung des Orchesterklanges. Was Schönberg hier vorführt – ein fast kammermusikalisches, glitzerndes Netz aus ganz zarten Farben, für das es freilich mehr als hundert Musiker im Orchester braucht – findet man in der gesamten Musik des Fin de siècle; nicht zuletzt auch bei dem bewunderten Vorbild dieser Zeit, bei Richard Wagner.

Trotzdem finde ich immer wieder Gelegenheiten, wo mir Schönbergs Musik mehr als nur Respekt abverlangt (im Gegensatz zu den Opern Wagners, die ich nur aus einer gewissen Distanz hören kann). Das „Stelldichein” von 1905 (ein unvollendetes Fragment) ist ein wirklich entzückendes Stück Musik – so etwas hätte ein Weltenbeweger wie Wagner bei sich selber nie durchgehen lassen (sofern er überhaupt zu solch einem Entwurf von leichter Hand fähig gewesen wäre); anders als ein Musikant, wie Schönberg es letztlich immer war.