7.2.2013

Treme (2)

Zu den grundlegenden Erzählungen über die Entstehung des Jazz gehört jene über die Tradition der Begräbnisumzüge in New Orleans Anfang des 20.Jh. Eine Brassband marschierte mit dem Sarg zum Friedhof, und begleitete das Geschehen mit einem Trauermarsch. Auf dem Rückweg spielte dieselbe Band dann ein Stück, das dem Anlaß geradezu diametral entgegengesetzt erscheint; z.B. „Didn't He Ramble?“, ein fröhlicher „Schlager“ in „Double Time“.

Ich kenne diese Story seit Jahrzehnten, und habe sie letztlich immer für eine Legende gehalten – nicht zuletzt, weil das New Orleans unserer Tage von einer Form des Tourismus lebt, die an diese Story anknüpft.

Ich habe mich von Dave Simon belehren lassen, daß ich hier komplett falsch liege. Die Begräbnismärsche gehören zur festen Tradition in New Orleans seit einem Dutzend Jahrzehnten.

Die „Second Line“ – jener Ort oder jene Veranstaltung, wo auf dem Rückweg von einer Beerdigung zum Gedenken an den Toten zu synkopisierter Musik getanzt, und aus Trauer eine sehr eigene Form des Lächelns wird (das ist dann auch noch die Ausgangslegende für die Entstehung des Blues): das ist keine Touristenveranstaltung, sondern gelebte Tradition.


Nebenbei: „Treme” ist eine HBO-Show – soweit ich das sehe, wird es da keine deutsch-untertitelte DVD-Version geben (deutsch-synchronisiert ist eher wahrscheinlich, wobei das geradezu der Todesschuß für die Authentizität der Show wäre). Ich verstehe im englischen Original kaum die Hälfte der Dialoge, habe aber trotzdem keinerlei Probleme, dem Geschehen zu folgen.

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