Autotour, 2.Tag - Dresden

Dresden: Canaletto-Blick

Der ikonischen Ansicht von Dresden, die Canaletto Mitte des 18.Jh malte, haben die Dresdner ein recht originelles Denkmal gesetzt. An der Stelle, an der Canaletto wohl gesessen hatte, als er sein Werk schuf, gibt es heute ein kleines Podest, auf das man sich stellen und durch ein viereckiges, metallenes Gerüst ebenso auf die Stadt sehen kann, wie der Maler. Es gibt dort keine langen Schlangen; aber ich habe doch einen Moment warten müssen, bis ein junger Mann mit einer Handy-Kamera damit fertig war, diesen Blick mit seinem eigenen Device zu wiederholen. Seitdem ich dann versuchte, dasselbe zu tun, werde ich die Frage nicht los, wie viele vor ihm und mir dies ebenso versucht haben – mit welchen Geräten, mit welchem Aufwand, und mit welchen Ideen im Kopf, wozu dies wohl gut wäre.

Das Foto oben[1] ist der Versuch einer digitalen (also beliebig kopier- bzw. reproduzierbaren) Reproduktion eines unwiederholbaren (auratischen) Kunstwerks, und zwar mittels einer metallischen Konstruktion, die ihrerseits – wie das zugrundeliegende Gemälde, dem sie den Rahmen zur Reproduktion bietet – dem Verfall preisgegeben ist.

Das beschreibt nur den Aspekt des Blicks, nicht den Gegenstand. Dabei verdankt sich die Kontinuität des Blicks eines Eingriffs in das Stadtbild, den man durchaus kontrovers diskutiert hatte: den Wiederaufbau der im Krieg zerstörten Frauenkirche.

Ich bin in Versuchung, immer weiter über eine Gegenwart zu spekulieren, die sich nur im Spiegel ihrer eigenen Vergangenheit wiederfindet, und darüber das Paradox übersieht, daß dieser Blick so gar nichts mehr mit dem zu tun hat, wovor sie ihren Spiegel stellt – u.a., weil auch der Spiegel nicht mehr derselbe ist.

  1. [1] Wieder RAW, ohne jede Nachbearbeitung – die technische Qualität ist, selbst in der geringen Auflösung, indiskutabel.