Wirtschaftliche Macht und Demokratie

[…] Stellen Sie sich vor, eine große EU-Behörde vergibt jedes Jahr an die 30 Milliarden Euro an Subventionen an eine bestimmte Wirtschaftsbranche, und dort vornehmlich an große Konzerne. Bisher sind schon mindestens 90 Milliarden Euro geflossen. Das ist schon ein Haufen Geld. Aber kein Parlament, weder das in Straßburg noch die in den EU-Haupstädten haben jemals über dieses gigantische Subventionsprogramm abgestimmt. Denn das dürfen sie auch gar nicht.

Auch das scheint merkwürdig, und doch geschieht auch das tatsächlich: Die Behörde ist die europäische Zentralbank. Die vergibt seit nun schon drei Jahren Kredite im Volumen von zeitweilig bis zu 1000 Milliarden Euro für nur 1% Zins an alle Banken, die das wollen. Das Geld können diese Banken dann sofort für das drei- bis vierfache dieses Zinssatzes an die EU-Staaten weiterreichen --- ein sagenhaftes Geschäft, ohne jedes Risiko, aber dafür auf Kosten der Steuerzahler, die für die Differenz aufkommen müssen.

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Da fragten mehrere Abgeordnete der Linken und der Grünen, wer denn nun die Begünstigten der IKB-Rettung waren. Wie hoch waren zum Beispiel die Kredite der Deutschen Bank, die mit den acht Milliarden Euro Stützung durch den Staat abgelöst wurden? Die Antwort der Bundesregierung lautete, ich zitiere: „Konkrete Aussagen zur Gläubigerstruktur betreffen sensible Geschäftsgeheimnisse und berühren somit die Grundrechte der Gläubiger aus Artikel 12 und 14 GG. Die Daten unterliegen der Verschwiegenheitspflicht nach § 9 KWG und können daher nicht genannt werden‘‘

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Der Artikel 12 schützt die freie Wahl von Beruf und Arbeitsplatz, der Artikel 14 das Eigentum. Das ist gleichzeitig auch der Artikel mit dem berühmten Zusatz, wonach das Eigentum auch dem Wohl der Allgemeinheit dienen soll. Und nun wird ausgerechnet dieser Grundgesetzartikel benutzt, um eben diese Allgemeinheit mit Milliarden Euro zusätzlicher Schulden zu belasten, und die Begünstigten dieser Ausgaben bleiben auch noch geheim --- ein ungeheuerlicher Bruch mit demokratischen Grundnormen.

(Auszug aus dem – oben eingebundenen und überaus empfehlenswerten – Vortrag von Harald Schumann (PDF) - via NachDenkSeiten.)