25.2.2011

Buffy - Selbstreferenz

(Zettelkasten)

Joss Whedon hat mit „Buffy“ etwas erreicht, was man „Kultstatus“ nennen könnte. Eine gar nicht so kleine Schar treuer Fans hat dafür gesorgt, daß Aspekte seiner TV-Show in den Alltag eingezogen sind. Das beschränkt sich nicht auf den Einfluß auf den aktuellen Status des Vampir-Mythos, und hört bei stilbildenden sprachlichen Spielereien nicht auf.

Dabei ist „Buffy“ seit der vierten Staffel dabei, ihren Status als Phänomen der Popkultur in sich selbst zu reflektieren. Das ist zunächst gar nichts Neues – im zweiten Band von Cervantes „Don Quichotte“ nehmen die Protagonisten regelmäßig darauf Bezug, daß der erste Band zum Zeitpunkt des Entstehens der Erzählung ein vielgelesenes Buch nicht nur in der realen, sondern auch in ihrer eigenen, fiktionalen Welt ist. Es ist aber doch schon überraschend, wenn sich ausgerechnet in einer TV-Show Züge von Selbstreferenz finden. Mehr noch: neben dem „Don Quichotte“ fällt mir kein weiteres Beispiel ein, wo die Reflektion eines Textes in sich selbst unterhaltsam und witzig ist.

Mein erstes Fundstück ist der Beginn der vierten Staffel. Buffy sucht am College nach interessanten Kursen, und landet in einer überfüllten Einführungsveranstaltung zum Thema „Popkultur“:

Professor: The point of this course is not to critique popular American culture. It is not to pick at it, or look down upon it. And it is not to watch videos for credit. (Gelächter) The point is to examine (in der Folge unverständlich; der Fokus der Kamera wechselt auf Buffy)
Buffy (flüstert zum Sitznachbarn): Do you know if this class is full yet?
Professor: And there are two people talking at once, and I know that one of them is me, and the other is … a blonde girl (zeigt auf Buffy).
You. Blonde girl. Stand up. I'm very excited to hear what you have to say that's worth interrupting my lecture for.
Buffy (zögert, steht auf): I was just asking if the class was still open. If I could still sign up.
Professor: If your name isn't on this sheet, then you are wasting everyone's time. Are you on the sheet?
Buffy: They told me that if I just...
Professor (mit erhobener Stimme): Do you understand? You are sucking energy from everyone in this room. They (Handbewegung in den Raum) came here to learn.
Get out.
Buffy (leise): I didn't mean to... suck.
Professor (mit großer Geste): Leave! (Buffy geht)
Thank you.

Die Szene kann man aus zwei Blickwinkeln lesen, die beide perfekt Sinn ergeben. Aus dem einen ist das Buffy, das College-Girl, das die Erfahrung macht, daß sie einmal mehr allein gegen alle anderen steht (die Episode dreht sich auch im Folgenden um Isolation, Entfremdung von alten Freunden).

Zum anderen ist das aber Buffy, die TV-Show, die, vertreten durch die Darstellerin der Titelfigur, sich vor der ganzen Welt, vertreten durch den College-Professor, für ihre bloße Existenz rechtfertigen muß.

OK: ob das College eine Metapher für die „ganze Welt“ ist, kann man durchaus in Zweifel ziehen. Vielleicht hatte Joss Whedon auch nur das Studio im Sinn, mit dem er wahrscheinlich gerade wieder im Clinch lag, um grünes Licht für die nächste Staffel zu bekommen. Vielleicht war dieser Kampf nur eine Anregung, diesen Dialog zu schreiben, mit einem Blick auf das „Große Ganze”.

Wie tief man da in der Deutung einsteigt, ist letztlich jedem Fan selbst überlassen.

(Kommentarfunktion z.Zt. deaktiviert.)