17.7.2010

Sahra Wagenknecht - Hintergründe und Perspektiven der Staatsverschuldung

Zentrales Ziel der neoliberalen Wende war die Wiedererhöhung der Profitrate, - modern ausgedrückt: der Eigenkapitalrendite großer Unternehmen. […] Die Löhne wurden von der Steigerung der Produktivität abgekoppelt, die sozialen Leistungen verschlechterten sich und die staatlichen Einnahmen schrumpften. Im Ergebnis sank die Massenkaufkraft und damit eine zentrale Komponente der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage. Ohne ausreichenden Absatz allerdings auch keine steigenden Kapitalrenditen, ganz gleich wie generös die Unternehmen auf der Kostenseite entlastet werden. Das neoliberale Modell hatte daher von vornherein ein existentielles Problem zu lösen: Es musste für volkswirtschaftliche Nachfrage sorgen, die nicht zugleich als Kostenfaktor in den Unternehmensbilanzen zu Buche schlug. Höhere Löhne oder steuerfinanzierte Sozialleistungen kamen dafür nicht in Frage, sehr wohl aber kreditfinanzierte Staatsausgaben.

[…]

Als Mitte der neunziger Jahre die staatlichen Spielräume zur Stabilisierung der Nachfrage wegen der anwachsenden Gesamtschuldenlast ausgeschöpft schienen, rückte insbesondere in den USA eine andere Strategie in den Vordergrund: die Verschuldung der privaten Haushalte. Passend zum Privatisierungs-Trend handelt es sich im Grunde um eine Art neoliberalen „Privat-Keynesianismus“: Nicht der Staat nimmt rote Zahlen in Kauf, um der Wirtschaft mehr Nachfrage zu verschaffen, sondern die Verbraucher selbst halsen sich einen wachsenden Berg Schulden auf, um ein Konsumniveau zu finanzieren, das sie sich mit ihren Löhnen und Gehältern bei weitem nicht leisten könnten.

Quelle [PDF]; Hervorhebung von mir.

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