EXTERMINATE!

Momentan stecke ich mitten in der ersten Staffel „Torchwood”. Die DVD-Box habe ich weitgehend unbesehen gekauft, im Vertrauen darauf, daß ich mit Science Fiction eigentlich immer etwas anfangen kann, auch wenn das arg in Richtung Trash tendiert (ich habe in meinem Bücherregal nicht nur die gesammelten Werke von Philip K. Dick und Stanislaw Lem stehen, sondern auch die Groschenromane aus dem „Golden Age” des Science Fictions der 20er und 30er Jahren). Wie es der Zufall will, bleibt es bei „Torchwood” aber nicht bei billiger Unterhaltung. Ich habe von Folge zu Folge immer mehr das Gefühl, auf eine echte Perle gestoßen zu sein - das ist eine richtig originelle und fast schon geniale SciFi-Serie. Dabei geht es hier nicht so sehr um technisches Zukunftszeug. Das Geschehen driftet gelegentlich ins Mystery- oder sogar Horrorgenre ab, wobei die menschlichen Beziehungen zwischen den Protagonisten und ihre emotionalen Reaktionen auf die bizarren Ereignisse und Herausforderungen im Zentrum stehen (Philip K. läßt schön grüßen). Es gibt hier keine Gestalt, die stets einwandfrei auf der Seite des „Guten” steht, sondern alle Figuren bewegen sich in einer Grauzone und laden früher oder später Schuld auf sich, für die es keine Rechtfertigung gibt.

Doctor Who

Ich habe kürzlich das Thema gegoogelt, und war durchaus verblüfft, daß „Torchwood” das Spin-Off einer Science-Fiction-Serie ist, die bei der BBC seit mehr als 45(!) Jahren läuft: „Doctor Who”[1]. Im UK ist das offensichtlich eine Institution, deren Mythen und Gestalten dort jedermann kennt. In Deutschland weiß davon aber kaum jemand - selbst wenn er, wie ich, fast alles, was auch nur entfernt nach Science Fiction riecht, ziemlich unkritisch in sich aufsaugt. Der Doctor (der sich immer nur als „The Doctor” vorstellt, worauf stets die Frage folgt: „Doctor Who?”) gehört zur Rasse der Time Lords, und reist in der TARDIS - einem Gefährt, das längst nicht immer zuverlässig funktioniert - durch Raum und Zeit. Sein Raumzeitschiff sieht aus wie eine Londoner Notrufzelle der 50er Jahre (wobei sie innen viel größer ist, als das von außen scheint), wodurch es prima getarnt ist, wenn es mal wieder mitten im Zentrum von London landet. Ein Time Lord kann auch sterben, das aber bis zu zwölf mal, wonach er jeweils in einer neuen Gestalt aufersteht. Die neue Inkarnation hat dann zwar noch die Erinnerungen, aber ein jeweils neues Aussehen und auch einen anderen Charakter als der Vorgänger. Aktuell hat es das britische Fernsehpublikum mit dem zehnten Doctor zu tun.

Daleks: Briefmarke
Daleks:
UK-Briefmarke

Der Doctor hat zahlreiche außerirdische Feinde, und die berühmtesten sind die Daleks. Als sie 1963 zum ersten Mal im Fernsehen auftauchten, war eine Rasse von Aliens, die überhaupt nichts menschliches mehr an sich hat, eine echte Neuheit - selbst wenn dies heute unfreiwillig komisch wirkt. Das ist aber für eine SciFi-Serie der 60er, mit den limitierten technischen wie finanziellen Ressourcen, nicht ungewöhnlich - man denke nur an Germany 1966 und „Raumpatrouille Orion”. Hinzu kommt, daß „Doctor Who” sich an die ganze Familie richtet[2]. Die erste Staffel war sogar komplett für das Kinderprogramm konzipiert, mit dem Hintergedanken, dem Nachwuchs historische Gestalten und Zusammenhänge via Unterhaltung unterzuschieben. Heute sind die Daleks Bestandteil der Alltagskultur in Großbritannien, und wenn jemand durch die Gegend läuft und - mit möglichst metallischer Stimme - „Ex-ter-mi-nate” oder „O-bey” ruft, weiß jedes Kind, was damit assoziiert ist. Es gibt sogar eine Briefmarke, auf der die außerirdischen Killermaschinen darstellt sind.

An Deutschland ist der ganze Wirbel - besser: diese ganze Welt - komplett vorbei gegangen. Die BBC hat die 1989 unterbrochene Serie 2005 wieder aufgenommen, und von den vier seitdem produzierten Staffeln hat Pro7 die ersten beiden irgendwo im Nachmittagsprogramm gut genug versteckt, um zu verhindern, daß sie irgendwie wahrgenommen werden.

Glücklicherweise gibt es ja DVDs. Die ersten beiden Folgen der ersten Staffel habe ich gerade angesehen - ein Bericht folgt[3].

Beim SF-Radio findet sich mehr zum Thema (u.a. ein Serienguide durch sämtliche Staffeln).

Bei YouTube gibt es endlos Material, u.a. diesen Clip:

  1. [1] „Torchwood” ist überdies ein Anagramm auf „Doctor Who”.
  2. [2] Im Gegensatz zu Torchwood, das im Spätprogramm gesendet wird und sich ausschließlich an Erwachsene richtet.
  3. [3] Vorsicht: auf den Ausgaben der DVDs von der deutschen BBC findet sich zwar eine deutsch-synchronisierte Fassung, dafür wurden die Untertitel gestrichen (auch die englischen). Bei dem Sprachtempo und vor allem den verschiedenen englischen Dialekten habe ich da keine Chance, mitzukommen, und bin auf die UK-Importe ausgewichen (englische Sprachspur mit englischen Untertiteln…).