15.10.2009

Eine kleine Typologie der Fernsehserie (4)

(Themenanfang)

Mit den m.E. schmerzhaftesten Einschränkungen hat eine Fernsehserie im Bereich des Soundtracks zu kämpfen, und zwar sowohl bei den Soundeffekten, wie auch bei der Musik. Dabei ist es natürlich nur logisch, daß Produktionen fürs Fernsehen den Aufwand scheuen, einen ordentlichen Surround-Sound zu realisieren. Auch heute hat nur eine kleine Minderheit des Fernsehpublikums ein Surround-Setup im Wohnzimmer aufgebaut, und das dürfte sich auch in Zukunft nicht großartig ändern. Dafür sind weniger Verfügbarkeit bzw. der Preis der Komponenten verantwortlich, sondern der Platzbedarf für die Lautsprecher. Kaum ein Wohnzimmer läßt sich so einrichten, daß das Sofa in der Mitte steht, und Lautsprecher davor und dahinter optimal verteilt sind - das geht erst ab einer Zimmergröße von 30qm aufwärts, wenn man ohne Kompromisse auskommen und den Raum trotzdem nicht unbegehbar zustellen will.

Wenn man die geringe Bedeutung von Surround-Effekten also bedauern, aber nachvollziehen kann, ist die Vernachlässigung der Filmmusik kaum zu begründen. In den meisten Serien, die ich kenne, spielt sie eine völlig untergeordnete Rolle, und beschränkt sich gelegentlich auf eine Erkennungsfanfare zu Beginn und im Abspann. In der übrigen Zeit wird dann mit minimalen Mitteln und ohne erkennbare Ordnung für Untermalung gesorgt, wenn die Stille allzu penetrant wird. Es gibt erstaunlich oft lange Passagen, in denen komplett auf Musik verzichtet wird - das ist etwas, was in einem Kinofilm sofort auffällt, weil es so selten statt findet, während es für viele Serien die Regel beschreibt.

Das krasseste Negativbeispiel findet sich m.E. bei „Heroes”, wo ich mich nicht einmal an die Titelmelodie erinnern kann (obwohl ich gerade dieser Tage die erste Season sehe), und wo über weite Strecken ein völlig undefiniertes Genudel und Gezirpe um einen modalen Orgelpunkt zu vernehmen ist. Es gibt aber auch positive Ausnahmen - z.B. „Alias”, wo die Figuren mit Leitmotiven versehen sind, und die Atmosphäre der Schauplätze durch die Musik verdichtet oder überhaupt erst erzeugt wird.

Nicht nur formal, sondern auch in der Aufnahmetechnik wird idR gespart, soweit es nur möglich ist. Bis auf eine Ausnahme (Alias) kenne ich keine Serie, für die die Musik nicht komplett im Computer produziert wird. Wo Orchesterklänge zu hören sind, werden diese stets mit Samplern realisiert, und wenn es sich um eher Pop-orientierte Musik handelt, wurde stets hart quantisiert. - Ich gebe zu, das ich hier wohl übertrieben pingelig und auch inkonsequent bin. Wo ich bei der Musikproduktion die Nase rümpfe, wenn sie ausschließlich aus dem Computer kommt, lasse ich an anderer Stelle fünfe gerade sein und toleriere die Dominanz der CGI-Effekte.

TV-Serien sind - logisch - fürs Fernsehen entwickelt. Trotzdem sehe ich sie fast nie dann, wenn sie gesendet werden, sondern kaufe mir die DVDs. Das hat drei Gründe: zum einen hasse ich die deutsch synchronisierten Fassungen (dazu folgt noch ein eigener Eintrag). Zum zweiten sind viele Seren mittlerweile so konzipiert, daß man keine Folge mehr verpassen kann - man müßte also dazu bereit sein, jede Woche zu einer bestimmten Uhrzeit vor dem Fernseher zu sitzen. Es scheint genug Menschen zu geben, die das mit sich machen lassen - ich empfinde das als Zwang und Strafe. Zum dritten schließlich - und das ist der offensichtlichste Grund - sind Serien im Fernsehen lediglich Verbindungsglieder zwischen den Werbeblöcken. Das mag man tolerieren - oder das Geld in die DVDs investieren.

(Kommentarfunktion z.Zt. deaktiviert.)