20.6.2009

Aleksandra Łaptaś, Klavier

Meine Nachbarn hatten mich gefragt, ob ich Lust hätte, zu einem Konzertabend der Klavierlehrerin ihrer Töchter mitzukommen. Ich hatte nichts besseres zu tun, und bin gestern Abend ohne große Erwartung zu der Veranstaltung im Steinway-Haus gegangen - und wurde außerordentlich überrascht.

Aleksandra Łaptaś ist 1981 in Krakau geboren, hat dort auch studiert, bevor sie nach Hamburg kam, um ihr Studium abzuschließen. Mittlerweile ist sie Lehrerin an der hiesigen Musikhochschule.

Das Programm begann mit Beethovens Klaviersonate op. 31/3, einem Werk aus dessen mittlerer Schaffensperiode (entstanden 1802), in der man manchmal meint, die Einflüsse von Mozart noch spüren zu können - nicht jedoch in der Interpretation von Aleksandra Łaptaś. Sie stellt all die bizarren Kontraste und das wilde Auffahren, die Abbrüche und verkürzten Phrasen in dem Werk heraus - Aspekte, die oft verloren gehen, wenn die Interpreten nach dem „klassischen” Beethoven suchen, und eben diese Brüche abmildern und verharmlosen. Das war ein durchaus neuer Blick auf ein Werk, das ich eigentlich zu kennen glaubte.

Den eigentlichen Schwerpunkt des Konzerts bildeten dann Werke Frederic Chopins. Chopin ist immer noch ein wenig als Komponist von seichten Stücken für den Salon in Verruf - Stücke, die zwar technisch außerordentlich hohe Anforderungen an den Pianisten stellen, letztlich aber nur als Transportmittel für dessen Virtuosität dienen.

Aleksandra Łaptaś schienen die technischen Probleme nicht im Geringsten zu beeindrucken. Ich habe im gesamten Vortrag kaum eine Stelle gehört, wo sie daneben gegriffen hat - da ist man selbst von berühmten Pianisten ganz anderes gewohnt, und die haben in ihren Programmen selten eine derart lange Liste von Stücken allererster Schwierigkeit. Diese technische Brillanz aber - und das ist, was mich dann wirklich beeindruckt - hat sich nicht in sich selber erschöpft, sondern war nur Grundlage, um an den musikalischen Gehalt der Werke heranzukommen. Ich hatte den Eindruck, daß Frau Łaptaś keinesfalls zeigen wollte, was sie technisch drauf hat, sondern was sie musikalisch versteht - und das ist definitiv das höchste Lob, das ich auszusprechen habe.

(Ich hätte noch ein paar kleinere Meckereien - aber die würden hier nur das Bild verzerren.)

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