14.2.2009

Cubase 5 - VST-Expression (3)

(Themenanfang)

Viele User werden sich damit zufrieden geben, wenn sie mit Hilfe der Expression-Maps eine gut bedienbare Alternative zu Programmwechseln oder Key-Switches in die Hand bekommen. Dafür reicht es, wenn man eine eindeutige Verbindung zwischen musikalischem Symbol und Sound-Slot herstellt: man ordnet jedem Slot genau ein Symbol zu. Damit hat man letztlich bloß einen „glorified Umschalter” zur Verfügung, der ein wenig netter im Notenbild anzusehen ist und im Key-Editor - anders als MIDI-Programm-Changes - bequem editierbar ist.

Das erste Beispiel, mit dem ich beim Programmieren des Prototyps dieses Features herumgespielt hatte, war ein Cello-Sound im Sampler. Dabei bin ich sehr rasch über das Problem gestolpert, daß ein Cello arco (gestrichen) oder pizzicato (gezupft) gespielt wird, wobei in beiden Spielweisen immer noch z.B. ein Akzent gesetzt werden kann. Man hat mit diesem Akzent dann ein Symbol, das gleich zweimal auftaucht, und für zwei völlig unterschiedliche Sounds steht - ein „lauteres” Pizzicato kling völlig anders als eine „lauter” gestrichene Saite, obwohl in beiden Fällen dasselbe Zeichen über der Note steht. Die Eindeutigkeit der Zuordnung zwischen „Zeichen” und „Klang” geht hier verloren[1].

Ausgangspunkt für das schließlich realisierte Design ist die Beobachtung, daß man musikalische Symbole in Gruppen anordnen kann, innerhalb derer sich nur ein Symbol gleichzeitig verwenden läßt. Es ist sinnlos, eine Note kürzer wie auch länger (Staccato und Legato) oder unterschiedlich laut (unterschiedliche Akzente) abzuspielen, ebenso, wie sich arco und pizzicato, oder gestopft und nicht-gestopft (bei einer Trompete) gegenseitig ausschließen.

Ein User[2] des Expression-Setups definiert die Symbole zunächst unabhängig von den Sound-Slots, und weist sie einer Gruppe zu (1-4). Danach erst kann er sie in den entsprechenden vier Ebenen (die mit „Art(iculation).1” bis „Art.4” bezeichneten Kolumnen) der Sound-Slots benutzen. Beim Abspielen führt der MIDI-Player Buch über die momentan aktiven Symbole. Dabei kann immer nur genau ein Symbol aus einer der vier Gruppen gleichzeitig aktiv sein - wenn ein anderes Symbol der gleichen Gruppe erscheint, wird sein Vorgänger abgeschaltet, und es nimmt dessen Stelle ein. Der Player aktiviert schließlich jenen Slot, dessen Symbole die größte Gemeinsamkeit mit den derzeit aktiven Symbolen aufweist.

Das klingt jetzt reichlich kompliziert, und ich gebe durchaus zu, daß es auch kompliziert ist - selbst hausintern gab es gelegentlich Zweifel an der „Überambitioniertheit” des Ansatzes (und dessen Beschreibung ist hier bisher noch nicht einmal komplett). Wenn man das jetzt als Zumutung und nicht als Herausforderung betrachtet, ist das völlig in Ordnung - man kann das Feature ja trotzdem nutzen, indem man lediglich Symbole auf der ersten Ebene belegt, und den Rest frei lässt.

Wenn man dem Design aber eine Chance gibt, ergibt es durchaus Sinn. Es bietet nämlich einen Lösungsansatz für das Problem, daß ein Sound sich aus unterschiedlichen Ebenen ergibt, die gleichzeitig mit verschiedenen musikalischen Symbolen beschrieben werden. Es gibt Symbole, die sich auf Lautstärke beziehen; solche, die die Spieltechnik bezeichnen; und wieder andere, die die Länge einer Note beschreiben - all diese Ebenen ergeben aber erst zusammengenommen einen bestimmten Sound. Ein Sampler kann halt nur genau einen Sound abspielen und ist nicht in der Lage, ihn aus seinen einzelnen Aspekten zu synthetisieren.

  1. [1] Beim ersten Anlauf, dieses Problem zu lösen, hatte ich es mit einer verschachtelte Struktur versucht: „Arco” und „Pizzicato” bildeten „Ordner”-Slots, in denen jeweils noch ein weiterer Slot für den Akzent steckte. Wirklich elegant war das nicht, und gefiel letztlich niemandem.
  2. [2] Im Idealfall ist dies der Designer einer Sample-Library, der sie für die Verwendung in Cubase anpaßt - VST-Expression lebt letztlich vom Content, der sich mit ihm verbindet.

[Wird fortgesetzt]

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