10.11.2008

Zur Theorie des Motorradfahrens (1)

Wenn man einen Motorradfahrer fragt, wie er es eigentlich anstellt, seine Maschine um die Ecke zu bewegen, bekommt man - immer noch - reichlich abenteuerliche Antworten: von "Gewichtsverlagerung" ist gerne die Rede; man "lege" sich in die Kurve.

Die richtige Antwort lautet: "bei welcher Geschwindigkeit?"

Wenn man auf eine rote Ampel zurollt, ist es zunächst kein Problem, die Hände vom Lenker zu nehmen - das Motorrad läuft weiter geradeaus. Bevor man zum Stehen kommt, muß man aber ab einem gewissen Punkt wieder in den Lenker greifen - klar: spätestens, wenn man steht, fiele man um. Ab einem bestimmten Tempo gibt es einen Selbststeuerungseffekt, der das Motorrad stabil in der Spur hält, den sog. gyroskopischen Effekt - besser bekannt unter dem Begriff der bei einem Zweirad wirkenden Kreiselkräfte.

Wenn man ein Motorrad unterhalb des Einsetzens der Kreiselkräfte bewegt - etwa, wenn man es schiebt oder im Stau mit Schrittgeschwindigkeit fährt - ist es extrem kippelig, ständig kurz vor dem Umfallen, und läßt sich lenken, indem man den Lenker in die gewünschte Richtung dreht.

Ist man schneller unterwegs (ab ca. 20km/h), wird das Moped eigenstabil und läßt sich kaum aus der Bahn werfen - es sei denn, man stört die wirkenden Kreiselkräfte durch die sog. paradoxe Lenkbewegung. Hier "lenkt" man zwar immer noch durch Bewegungen mit dem Lenker - nicht jedoch in dem Sinn, daß man ihn "einschlägt", sondern indem man mit ihm einen Impuls gibt, der störend auf die Kreiselkräfte wirkt. Paradox ist dieser Lenkimpuls, weil er in die "falsche" Richtung geht: wenn man nach links will, muß man den Lenker nach rechts bewegen; genauer: man muß einen Lenkimpuls in Richtung auf das Kurveninnere geben - für eine Linkskurve "drückt" man gegen das linke Lenkerende (oder "zieht" rechts, was auf das gleiche hinausläuft).

[Wird fortgesetzt]

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